Bundesrat fordert harte Strafen für versuchte Einflussnahme auf Politiker

Die Länder haben einen Gesetzentwurf für einen besseren strafrechtlichen Schutz von Amts- und Mandatsträgern vor Online-Einschüchterungen auf den Weg gebracht.​

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Zwei Hände tippen auf einem Smartphone vor einer Laptop-Tastatur

Der Bundesrat fordert, politisches Online-Stalking mit empfindlichen Strafen zu belegen.

(Bild: Motortion Films/Shutterstock.com)

Lesezeit: 4 Min.

Wer Politikern in der analogen oder digitalen Welt nachstellt und versucht, sie damit zu beeinflussen, soll hart bestraft werden. Einen entsprechenden Gesetzesentwurf hat der Bundesrat am Freitag auf Initiative von Sachsen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein befürwortet. Die Länder wollen damit nach eigenen Angaben vor allem gegen "politisches Stalking" vorgehen. Amts- und Mandatsträger sollen so – auch auf kommunaler Ebene – vor einer Einflussnahme aufgrund bedrohlicher Eingriffe in ihr Privatleben geschützt werden. Es gehe darum, bislang schwer verfolgbare Fälle, wenn etwa Bürgermeister immer wieder eingeschüchtert und angegriffen werden, durch das Strafrecht besser zu erfassen.

Kern des Gesetzesvorhabens ist ein neuer Paragraf 106a Strafgesetzbuch (StGB), der mit "Beeinflussung von Amts- und Mandatsträgern" überschrieben ist. Dieser ist sehr breit gefasst und bleibt teils vage. Wer die Lebensgestaltung einer gewählten oder von Behördenseite eingesetzten Person "in einer Weise unbefugt nicht unerheblich beeinträchtigt", sodass diese ihre Befugnisse, ihr Amt oder ihr Mandat aufgeben oder nicht mehr ausüben will, dem soll demnach eine Geldstrafe oder Haft bis zu drei Jahren drohen.

In besonders schweren Fällen wäre eine Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren vorzusehen, womit die Polizei bei ihren Ermittlungen ihren Instrumentenkasten etwa zum Abhören leichter einsetzen könnte. Härter soll die Strafe in diesem Sinne in der Regel ausfallen, wenn das politische Stalking mit einem körperlichen Angriff einhergeht oder sich gegen Personen unter 21 Jahren richtet.

Der vorgesehene Straftatbestand ist der Vorlage nach an zusätzliche Bedingungen gebunden. Erfasst werden sollen etwa Täter, die die räumliche Nähe der Amts- und Mandatsträger oder die eines ihrer Angehörigen oder einer ihr nahestehenden Person suchen. Dazu gehört auch, sich der privaten Wohnung der Betroffenen zu nähern. Strafbar machen soll siech auch, wer versucht, etwa über Telefon, Chat-Nachrichten, E-Mail oder Dritte privat Kontakt zu den genannten Gruppen herzustellen. Außerdem soll bestraft werden können, wenn Kriminelle missbräuchlich im Namen der Mandatsträger Bestellungen von Waren oder Dienstleistungen aufgeben.

Der Bundesrat verweist zudem auf Taten nach den Hackerparagrafen, die sich auf private Daten von Amts- und Mandatsträgern sowie Angehöriger oder Nahestehender beziehen. Nach diesen ist es verboten, eine Straftat vorzubereiten – etwa indem Passwörter oder der Datenzugang zu geeigneten Computerprogrammen hergestellt, beschafft, verkauft, überlassen, verbreitet oder zugänglich gemacht wird. Dies gilt auch für den unbefugten Zugang zu besonders gesicherten Daten unter Überwindung von Sicherheitsvorkehrungen. Strafverschärfungen sollen nun drohen, wenn die so erlangten privaten Informationen zum Polit-Stalking verwendet werden.

Umfasst werden dem Entwurf nach auch Bedrohungen nach Paragraf 241 StGB, die sich auf die sexuelle Selbstbestimmung, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder gegen eine Sache von bedeutendem Wert richten, sowie andere Verbrechen.

Kriminalisieren wollen die Länder ferner Täter, die eine "vergleichbare und ebenso schwerwiegende Handlung" zu den zuvor genannten Aktivitäten vornehmen. Die Stoßrichtung dürfte hier etwa das sogenannte Doxxing sein, also in diesem Fall das Zusammentragen und anschließende Veröffentlichen personenbezogener Daten von Amts- und Mandatsträgern mit bösartigen Absichten. 2019 hatte die massenhafte Publikation privater Daten deutscher Politiker, Journalisten, Moderatoren, Schauspieler, Sänger und YouTuber durch den Twitter-Nutzer "0rbit" nicht nur die Betroffenen aufgeschreckt. Die Offenheit der Formulierung des vorgesehenen Paragrafen an dieser Stelle lässt aber insgesamt viel Spielraum.

Erweitern will der Bundesrat zudem zwei bereits bestehende Straftatbestände, die bisher nur Verfassungsorgane und deren Mitglieder auf Bundes- und Landesebene vor Nötigungen schützen. Diese sollen künftig auch Personen auf der kommunalen und europäischen Ebene schützen. Dadurch soll die große Bedeutung von Entscheidungen in den Gemeinderäten und in der europäischen Gesetzgebung für den demokratischen Rechtsstaat unterstrichen werden. In besonders schweren Fällen wollen die Länder hier Freiheitsstrafen von zwölf Monaten bis zu zehn Jahren verhängt wissen. Anderweitig sollen drei Monate bis fünf Jahre Haft drohen. Auch Versuche von Nötigungen sind der Initiative zufolge strafbar. Die Länderkammer bringt den Entwurf nun in den Bundestag ein, der dann darüber entscheidet. Eine Frist dazu gibt es nicht. Zuvor kann die Bundesregierung Stellung nehmen.

(are)