E-Kleinflugzeugentwickler in Not: Wohl keine Staatsbürgschaft für Lilium

Auch beharrliches Trommeln von Investoren und eine Unterschriftenaktion des Startup-Verbands überzeugte die Abgeordneten nicht. Aus Bayern kommen Vorwürfe.

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Flugtaxi-Entwickler Lilium

Ein Modell des frühen "Lilium Shuttle", aktuell ist vor allem der "Lilium Jet" in Entwicklung.

(Bild: Lilium)

Lesezeit: 4 Min.

Das strauchelnde Luftfahrt-Startup Lilium erhält voraussichtlich keine Bürgschaft über 50 Millionen Euro vom Bund. FDP und Grüne opponierten im Haushaltsausschuss in der vergangenen Woche gegen das Vorhaben, für das unter anderem der bayerische CSU-Ministerpräsident Söder geworben hatte. Liliums finanzielle Lage ist nun prekär, denn ein aus der Münchner Staatskanzlei zugesagtes Darlehen in derselben Höhe fällt ebenfalls ins Wasser.

Lilium-Gründer Daniel Wiegand zeigte sich im Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung enttäuscht. Die Auftragsbücher seien voll und man könne sich bald mit Vorauszahlungen der Besteller über Wasser halten, so Wiegand. Private Investoren hatten weitere Unterstützung für den Flugzeugbauer in Aussicht gestellt, diese aber an einen positiven Bescheid aus Berlin geknüpft. Zudem arbeite man an einem Zuschuss der französischen Regierung über 200 Millionen Euro, der jedoch an den Bau einer Produktionsstätte im Nachbarland gebunden ist.

Entwicklungs- und Produktionsstandort des Unternehmens ist derzeit zwar das bayerische Gauting, Liliums rechtlicher Firmensitz ist jedoch in den Niederlanden und das Unternehmen ist an der US-Technologiebörse NASDAQ gelistet. Am 17. Oktober informierte Lilium daher in einer knappen Pflichtmeldung die US-Börsenaufsicht SEC über die ausbleibenden Staatsgarantien.

Bayerns Wirtschaftsminister Aiwanger polterte ob der Absage per Pressemitteilung gegen die Berliner Koalition: "Mit der Ampel kann man nicht vertrauensvoll zusammenarbeiten", konstatiert er. Zwar gebe es durchaus ein "Für und Wider", eine zuvor signalisierte Unterstützung jetzt zu kassieren, sei jedoch "peinlich".

Auch der deutsche Startup-Verband hatte für die Bürgschaften getrommelt. In der letzten Woche – kurz vor der entscheidenden Sitzung des Haushaltsausschusses. – veröffentlichte die Branchenorganisation einen Aufruf zur Unterstützung. Es hätten sich "über 600 namhafte Gründer*innen und Investor*innen der Initiative angeschlossen", so der Verband.

Tech-Investor Philipp Klöckner bezweifelt diese Darstellung. Seiner Analyse zufolge, die der Berliner in seinem Podcast "Doppelgänger" veröffentlichte, stammen fast die Hälfte der Unterstützer aus dem Lilium-Umfeld. Eine stichprobenartige Prüfung durch heise online erweckt zudem weitere Zweifel an der Liste: Zwar finden sich tatsächlich einige bekannte Investoren, viele Namen und Berufsbezeichnungen deuten jedoch allenfalls auf Privatanleger hin. Eine Bitte um Stellungnahme ließ der Startup-Verband kurzfristig unbeantwortet, wir werden diese gegebenenfalls nachtragen. Den knapp 750 Unterzeichnern des Aufrufs stehen auf der Plattform Campact etwa 150 Mal so viele Gegner gegenüber, die sich im letzten halben Jahr gegen staatliche Bürgschaften für das Unternehmen aussprachen.

Das Ansinnen, Lilium mit staatlichen Bürgschaften aus der Patsche zu helfen, sieht Klöckner zudem kritisch: "Der Bund kann ähnlich wie Frankreich gern die Errichtung einer Produktion fördern, sobald es ein zugelassenes Flugzeug gibt. Aber die Erforschung einer Technologie, an der viele Experten und der gesamte Markt zweifeln, mit Staatsgeldern zu stützen, halte ich für falsch", so Klöckner gegenüber heise online.

Einer der Unterzeichner des Rettungsaufrufs äußerte sich derweil auf dem Business-Netzwerk LinkedIn. Danijel Višević, Anteilseigner beim Batteriehersteller des Flugtaxi-Pioniers, sieht ein Marktversagen bei Investitionen in "Deep Tech"-Startups. Er vergleicht Lilium mit dem Autobauer Tesla, der ein Millionendarlehen der US-Regierung vorzeitig zurückgezahlt habe.

Lilium entwickelt in Gauting ein eVTOL, ein "electric Vertical Take-Off and Landing aircraft". Der Lilium Jet ist hauptsächlich als Lufttaxi gedacht, wird also nicht für Privatleute erhältlich sein. Der Senkrechtstarter wird bis zu sechs Passagiere befördern, ist derzeit jedoch noch im Erprobungsstadium. Eine Zulassung für die Personenbeförderung fehlt dem Flieger ebenso wie seinem Konkurrenten Volocopter, dessen Fluggeräte jedoch immerhin bei den Olympischen Spielen in Paris zum Frachttransport abheben durften.

Schon im Sommer hatte es Zweifel an den Bürgschafts-Plänen gegeben, zudem konstatierte eine Studie Flugtaxis eine geringe Akzeptanz.

(cku)