EGMR: Russische Sperrungen von Webseiten verstoßen gegen Meinungsfreiheit
Russlands Sperrungen von regierungskritischen Internetseiten verstoßen gegen die Meinungsfreiheit. Den Betroffenen steht nun Schadensersatz zu.
Russland verstößt mit der Sperrung oppositioneller Internetseiten nach Ansicht des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) gegen die Meinungsfreiheit. Die Regelungen des russischen Informationsgesetzes, das den Sperrungen zugrunde liegt, hätten übertriebene Auswirkungen, hieß es in der am Dienstag veröffentlichten Entscheidung des Gerichts. Außerdem gebe es keinen ausreichenden Schutzmechanismus, um den Missbrauch des Gesetzes zu verhindern, rügte der EGMR. Mit der Sperrung der Webseiten werde zudem das Recht auf Zugang zu Informationen beeinträchtigt.
Je 10.000 Euro Entschädigung für Betroffene
Mehrere Betreiber von Seiten mit regierungskritischen Inhalten, darunter auch Ex-Schachweltmeister und Kreml-Kritiker Garry Kasparow, hatten insgesamt vier Beschwerden beim EGMR eingereicht. Sie erklärten laut Gerichtsunterlagen, dass die Sperrungen unrechtmäßig und unverhältnismäßig erfolgt seien. Außerdem hätten russische Gerichte die Zugangssperrungen nicht ausreichend geprüft. Russland muss den Betreibern nun jeweils 10.000 Euro Entschädigung zahlen.
In Russland sind Hunderte Internetseiten von der Aufsichtsbehörde gesperrt. Betroffen sind etwa auch Portale des finanzkräftigen Kremlgegners Michail Chodorkowski. Laut Gesetz gibt es zwar keine Zensur. Allerdings können die Behörden oft einfach ohne nähere Begründung Inhalte blockieren. Internationale Organisationen wie Human Rights Watch, Amnesty International und Reporter ohne Grenzen beklagen seit langem massive und völlig willkürliche Eingriffe des Staates in das Recht auf Meinungsfreiheit.
Der EGMR mit Sitz im französischen Straßburg gehört zum Europarat. Gemeinsam kümmern sie sich um die Einhaltung und den Schutz der Menschenrechte. Das Menschenrechtsgericht ist kein Gericht der Europäischen Union.
(mho)