EU-Abgeordnete befürworten Europol-Befugnis für Big-Data-Analysen
Der EU-Datenschutzbeauftragte rügte, dass Europol zu viele Daten auch Unschuldiger zu lange speichere und auswerte. Nun soll Europol dies offiziell dürfen.
Der Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres des EU-Parlaments hat am Dienstag für einen Verordnungsentwurf gestimmt, mit dem das Mandat für Europol deutlich ausgeweitet werden soll.
Geht es nach den Abgeordneten, darf die Polizeibehörde künftig Daten von Unternehmen wie Facebook und Google sowie von Drittstaaten im großen Stil entgegennehmen, speichern und auswerten. Generell sollen zudem die Kompetenzen der europäischen Ermittler ausgeweitet werden, Big-Data-Analysen durchzuführen und dafür Algorithmen zu trainieren.
Für die Initiative votierten Berichten zufolge 47 Parlamentarier unter anderem von der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP), der liberalen Renew-Fraktion und von den Sozialdemokraten. 16 Volksvertreter waren dagegen, darunter die Angehörigen der Grünen und der Linken.
Ohne Vorabgenehmigung Daten anfordern
Laut dem Beschluss dürfen Kriminalbeamte von Europol künftig immer auch ohne Vorabgenehmigung Daten anfordern, wenn dies für eine Untersuchung erforderlich ist. Nationale Partner wie das Bundeskriminalamt (BKA) sollen ferner keine Richtererlaubnis mehr benötigen, um auf Daten von Europol zuzugreifen: der Den Haager Behörde wollen es die Abgeordneten gestatten, eigene Einträge in speziellen polizeilichen Informationssystemen der EU und der Mitgliedsstaaten vorzunehmen.
Der EU-Datenschutzbeauftragte Wojciech Wiewiorowski hatte Europol voriges Jahr dafür gerügt, rechtswidrig zu viele Informationen zu horten und etwa mit biometrischen Erkennungssystemen sowie Methoden "der digitalen Forensik" zu analysieren. Die Behörde verletze damit auch die Privatsphäre Unschuldiger wie Kontaktpersonen und Zeugen. Der Grundsatz der Datensparsamkeit müsse ordnungsgemäß angewendet werden. Mit der neuen Verordnung würde diese Kritik weitgehend hinfällig.
Wiewiorowski warnte in einer Stellungnahme zu dem Vorschlag, dass vorgesehene Ausnahmen von bestehenden Datenschutzregeln faktisch die Regel würden. Der Ausschuss fügte in Folge dem Entwurf der EU-Kommission zumindest noch Schutzgarantien hinzu, die sich etwa auf Pflichten zu Transparenz, Rechenschaft, Folgenabschätzungen und Audits vor dem Einführen neuer Technologien beziehen.
Die Grüne Saskia Bricmont monierte trotzdem, dass die Reform viele Bedenken rund um die Grundrechte aufwerfe. Europol erhalte erweiterte Befugnisse ohne unabhängige Kontrolle, illegale Praktiken würden legalisiert. Das Parlament muss die Ausschussposition im Plenum noch bestätigen, was als Formsache gilt. Danach können die Verhandlungen mit der Kommission und dem Ministerrat starten, der Europol noch weiter aufrüsten will.
(kbe)