EU-Kommissar Breton: Big Tech und Start-ups blockieren die KI-Verordnung

Google, Microsoft, Open AI, Mistral & Co. vertreten Partikularinteressen im Kampf um KI-Regeln, moniert Breton. Die Politik müsse das Allgemeinwohl verteidigen.

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Aus den 12 gelben Sternen der Europäischen Fahne schießt ein Strom aus Nullern und Einsern

(Bild: mixmagic/Shutterstock.com)

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EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton beklagt, dass Big-Tech-Konzerne und Start-ups wie Open AI und Mistral AI im hitzigen Streit über die geplante EU-Verordnung für Systeme mit Künstlicher Intelligenz (KI) nur ihre eigenen "Partikularinteressen" verträten und so eine Einigung auf gemeinsame Regeln verhinderten. "Es hat keinen Sinn mehr, denjenigen eine Stimme zu geben, die ihre besonderen Interessen auf europäischer Ebene vertreten", erklärte der Franzose in einem Interview mit der Zeitung "La Tribune" aus seiner Heimat. In der Vorbereitungsphase für den Kommissionsentwurf für den "AI Act" sei diesen bereits ausreichend Gehör geschenkt worden. Seine Aufgabe in der Endphase der Verhandlungen sei es nun, "das allgemeine Interesse zu verteidigen" und zum Tragen zu bringen.

"Ich führe diese Kämpfe zur digitalen Regulierung seit vier Jahren", führt Breton aus. Vor allem große US-Plattformen wie Google, Amazon, Meta, Apple und Microsoft hätten alles getan, um Gesetze wie den Digital Services Act (DSA) oder aktuell die KI-Verordnung zu verhindern. Er beobachte auch genau, dass die französische Firma Mistral AI sich intensiv in die Debatte einbringe: "Sie betreibt Lobbying, das ist normal. Aber wir lassen uns durch nichts täuschen." Das Start-up verteidige eben sein Geschäftsmodell. Er antworte den Einflüsterern nur noch: "Ja, es wird eine enorme Innovationsfähigkeit in Europa geben, aber damit werden auch Verpflichtungen verbunden sein." Mistral warb – genauso wie Aleph Alpha aus Deutschland und zahlreiche andere europäische Unternehmen – lange für eine Selbstregulierung von Entwicklern sogenannter KI-Basismodelle, die auf einer umfangreichen Datenbasis trainiert werden und an eine breite Palette unterschiedlicher Aufgaben angepasst werden können.

Cheflobbyist von Mistral ist Cédric O, der als früherer französischer Staatssekretär für den digitalen Wandel gute Einblicke in den Politikbetrieb hat. Ihm wird vorgeworfen, in seiner früheren Funktion ganz andere Regulierungsansichten vertreten zu haben. O wehrte sich jüngst gegen persönliche Angriffe und betonte, seine Position sei unverändert. In seinen letzten Tagen im Amt schlug er vor, KI-Systeme wie ChatGTP streng zu regulieren, nicht aber die darunterliegenden Modelle wie GPT-4. Mistral-Gründer Arthur Mensch tadelte den französischen Präsident Emmanuel Macron zudem auf offener Bühne, sich in der Sache zu wenig zu engagieren. Vor allem die Linie des EU-Parlaments zur KI-Verordnung verhindere Innovationen. Inzwischen stellt er darauf ab, dass die Gesetzgeber den Fokus auf geschlossene KI-Modelle legen sollten. Mistral AI selbst baut – genauso wie etwa Meta – auf einen Open-Source-Ansatz.

Breton kritisiert in dem Gespräch auch den alten und neuen Chef von Open AI, Sam Altman. Dieser habe "eine globale Kommunikationskampagne zum Thema generative KI" wie ChatGPT angeleiert. Dabei habe er von einem "gemeinnützigen" Unternehmen gesprochen. "Dann stellte sich heraus, dass sein Vorstand ihn entlassen hatte, weil er seine Vision als zu kaufmännisch einschätzte." Zudem trete immer stärker zutage, dass Microsoft bei Open AI massiv involviert sei und dort eigene Interessen vertrete. Insgesamt zeigt sich der Kommissar trotz der noch geführten Auseinandersetzungen zuversichtlich, dass die EU-Unterhändler von Ministerrat, Parlament und Kommission beim geplanten letzten Trilog am 6. Dezember noch eine Einigung erzielen. Zuletzt sprach sich dazu etwa die hiesige Datenschutzkonferenz gegen ein sanktionsloses Konzept der Selbstregulierung bei KI-Basismodellen aus, für das Frankreich, Deutschland und Italien eintreten.

(jo)