EU-Kommission prüft Roaming-Preise und -Regulierung

Martin Selmayr, für Informationsgesellschaft und Medien zuständiger Sprecher der EU-Kommission, hat regulatorische Maßnahme auf EU-Ebene für den Fall angekündigt, dass im April keine deutlichen Tarifsenkungen festgestellt würden.

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Mobilfunk-Roaming ist nach wie vor eine extrem teure Angelegenheit, was auch der EU-Kommission ein Dorn im Auge ist. Dies bekräftige Martin Selmayr, für Informationsgesellschaft und Medien zuständiger Sprecher der EU-Kommission, am Mittwoch in Wien. Im Rahmen der vom Handelsblatt zum zehnten Mal ausgerichteten Tagung Telekommunikationsmarkt Österreich kündigte er regulatorische Maßnahme auf EU-Ebene für den Fall an, dass im April nicht deutliche Tarifsenkungen festgestellt würden.

Zu diesem Zeitpunkt soll die von der zuständigen Kommissarin Viviane Reding eingerichtete Roaming-Website aktualisiert werden. Trotz anfänglicher Skepsis in Brüssel sei sie zum meistbesuchten Internet-Angebot der EU geworden. Zu kaum einem anderen Thema würden so viele Beschwerden bei EU-Politikern einlangen. Zuletzt habe es zwar Roaming-Rabatte für Großkunden gegeben, Privatkunden müssten jedoch weiterhin tief in die Tasche greifen. Wer in einem anderen EU-Mitgliedsstaat einen vierminütigen Anruf entgegennimmt, müsse dafür bis zu 13,70 Euro bezahlen. Wie die Regulierung genau aussehen könnte, wollte Selmayr nicht verraten.

Als regulatorisches Erfolgsbeispiel führte Selmayr die gebührenfreien Banküberweisungen innerhalb der Euro-Zone an. Details zu den angedachten Maßnahmen im Roaming-Bereich wollte er nicht verraten. Die anwesenden Vertreter von Mobilfunk-Netzbetreibern konnten sich mit der angedrohten EU-Regulierung nicht anfreunden: "Der Wettbewerb wird die Preise schneller senken als jede Regulierung", sagte etwa Georg Pölzl, Chef von T-Mobile Austria.

In der Tat ist die Regulierung in der EU nicht von schnellen Abläufen gekennzeichnet. Von den 25 Mitgliedsstaaten hat nur Finnland bereits alle 18 laut EU-Rechtsrahmen zu überprüfenden Märkte tatsächlich untersucht, in Österreich, Großbritannien und Irland fehlt noch der Roaming-Großhandel. Dies geht aus einer von Georg Serentschy, dem Geschäftsführer der österreichischen Regulierungsbehörde RTR, gezeigten Übersicht hervor. Am anderen Ende der Skala stehen Estland, Lettland, Polen, Tschechien und mit Belgien sogar ein "altes" EU-Mitglied mit null notifizierten Untersuchungsergebnissen. Auch Griechenland, Luxemburg und Malta haben sich mit je einem absolvierten Teilmarkt nicht mit Ruhm bekleckert. Eigentlich hätten die alten Mitgliedsstaaten bereits Mitte 2003 den Rechtsrahmen in nationales Recht umgesetzt haben sollen. Gegen einige Länder, darunter Deutschland, laufen entsprechende Vertragsverletzungsverfahren.

Dennoch muss die EU-Kommission einem rechtlichen Auftrag folgend den EU-Rechtsrahmen für Telekommunikation einer Überprüfung (Review) unterziehen. Eine erste Konsultation ist am Dienstag zu Ende gegangen. Die verschiedenen Überprüfungsschritte, zu denen auch weitere Konsultationen mit interessierten EU-Bürgern gehören sollen, werden bis Jahresende dauern. Sollte sich dabei herausstellen, dass Adaptierungen des Rechtsrahmens notwendig sind, würde es etwa eineinhalb Jahre dauern, diese durch zwei Lesungen im EU-Parlament zu schleusen. Danach bekommen die Staaten in der Regel eineinhalb Jahre Zeit, die Vorschriften in nationales Recht umzusetzen. Sofern diese Frist im Gegensatz zum Status Quo eingehalten würde, könnten die Änderungen erstmals 2010 in Form nationaler Regulierungsentscheidungen auf die Telekommunikationsmärkte wirken.

Aktueller ist daher auch in Brüssel die von der deutschen Regierungskoalition angestrebte Novelle des Telekommunikationsgesetzes, welche das von der Deutschen Telekom geplante Glasfasernetz von der Regulierung ausnehmen soll ("Regulatory Holiday"). "Das ist etwas, was sich die Kommission sehr genau ansehen wird", so Selmayr. Die Richtlinie schreibe "angemessene Regulation" für so genannte "Emerging Markets" vor. Es sei zu prüfen, ob dies eine gesetzliche Ausnahme für die Telekom rechtfertige. Generell hätten sich Regulatory Holidays für Investoren nicht als Erfolgsmodell erwiesen. Märkte mit derartigen Regulierungsbefreiungen seien zudem durch unterdurchschnittliche Verbreitung von Breitbandanschlüssen gekennzeichnet. (Daniel AJ Sokolov) / (anw)