EU will "Anstiftung" zu Copyright-Verstößen international strafbar machen
Einer US-Bürgerrechtsorganisation ist ein Vorstoß Brüssels zugespielt worden, wonach im Rahmen des Anti-Piraterie-Abkommens ACTA Strafvorschriften auch gegen die "Beihilfe" zur Verletzung geistiger Eigentumsrechte geschaffen werden sollen.
Der US-Bürgerrechtsorganisation Knowledge Ecology International (KEI) ist ein Vorstoß der EU zugespielt worden, wonach das Strafrecht im Rahmen des Anti-Piraterie-Abkommens ACTA deutlich verschärft werden soll. Brüssel plädiert demnach dafür, Strafvorschriften auch gegen die "Anstiftung und Beihilfe" zur Verletzung von Rechten an immateriellen Gütern "im gewerblichen Ausmaß" zu schaffen. Zumindest in Fällen von bewussten Verstößen gegen Rechte an Markenzeichen, Urheberrechten oder bei "Piraterie" verwandter Rechte sollen entsprechende Kriminalisierungen greifen.
Entgegen wiederholter Beteuerungen der EU-Kommission würde ACTA mit dem Erfolg der EU-Initiative über den Bestand des Gemeinschaftsrechts hinausgehen. Die Brüsseler Behörde hatte 2006 zwar einen neuen Anlauf für eine Richtlinie auch zur besseren strafrechtlichen Durchsetzung geistiger Eigentumsrechte gemacht und die "Anstiftungsklausel" darin mit aufgenommen. Das EU-Parlament forderte aber zunächst deutliche Einschränkungen des entsprechenden sogenannten IPRED2-Entwurfs und blockierte das Verfahren schließlich vor zwei Jahren. Der EU-Rat forderte im November in einer Entschließung (DOC-Datei) aber die Wiederaufnahme des Vorhabens, was seitdem auf EU-Ebene wieder kontrovers diskutiert wird. Die EU-Abgeordneten haben die Kommission aber jüngst aufgefordert, die ACTA-Verhandlungen auf das bestehende zivilrechtliche System zur Durchsetzung der Rechte an immateriellen Gütern zu begrenzen.
Auch wenn sich neben dem EU-Parlament, der EU-Kommission, der Bundesregierung und der australischen Regierung inzwischen immer mehr Stimmen für Transparenz rund um das geplante Abkommen und das Ende der Geheimniskrämerei einsetzen, gibt sich die neuseeländische Regierung als Gastgeber der für April anberaumten nächsten Gesprächsrunde noch recht verschlossen. In Antworten auf Anfragen der Bürgerrechtsorganisation Tech Liberty wollten das Wirtschafts- und das Außenministerium nicht einmal den genauen Tagungsort in der Hauptstadt Wellington offenbaren. Die Delegationsmitglieder müssten vor "unangemessenem Druck oder Bedrohungen" geschützt werden, heißt es zur Begründung. Das Kabinett geht ferner davon aus, dass eine Umsetzung von ACTA ins nationale Recht nur geringfügige Änderungen erfordern würde.
Ende vergangener Woche hatte US-Präsident Barack Obama ACTA prinzipiell unterstützt und damit Bedauern bei Bürgerrechtlern ausgelöst. "Wir werden unser geistiges Eigentum vehement verteidigen", sagte der Politiker der Demokraten auf einer Bankenkonferenz in Washington. Innovation und Kreativität seien die wichtigsten Güter der Amerikaner und Basis des Wohlstands. Es sei zwar zu begrüßen, "dass andere Leute unsere Technologien nutzen", dabei müsse aber sichergestellt sein, dass Lizenzen erworben und US-Firmen angemessen dafür bezahlt würden. Deswegen sei es wichtig, mit der ganzen Bandbreite vorhandener Mittel auf Basis bestehender Verträge gegen anderweitige Praktiken vorzugehen und neue Abkommen wie ACTA voran zu bringen. (pmz)