EU will Handy-Roaming-Kosten drastisch senken

Die EU-Kommission will kommende Woche konkrete Vorschläge zur Senkung der Gesprächspreise im Ausland vorlegen. Dabei will sie ähnlich vorgehen wie bei der erfolgreichen Kostensenkung für Auslandsüberweisungen, berichtet das "WSJ".

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Von
  • Sven-Olaf Suhl

Die EU-Kommission will in der kommenden Woche konkrete Vorschläge zur Regulierung von Handy-Roaming-Gebühren für Handy-Telefonate in ausländischen Netzen vorlegen und strebt eine Senkung bis zu 40 Prozent an, berichtet das Wall Street Journal. Das Blatt zitiert den Sprecher der zuständigen Kommissarin Viviane Reding, dass die Kommission dabei ähnlich vorgehen wird wie im Fall von Banküberweisungen in andere EU-Staaten. Die Kosten pro Auslandsüberweisung fielen daraufhin von Beträgen bis zu 50 Euro 2001 auf einen Durchschnittswert von nur noch 1,50 Euro. Auch beim mobilen Telefonieren im Ausland sei nicht nachvollziehbar, warum der Dienst um ein Vielfaches teurer ist, wenn man ihn nicht im Heimatland nutzt.

Nicht entschieden ist bislang, ob die EU-Kommission die Großhandels-(Wholesale-)Preise reguliert, die die Carrier untereinander vereinbaren, oder bei den Endkundenpreisen ansetzt. Unabhängig vom Ansatz der Regulierung erstreckt sie sich nur auf Kunden von EU-Mobilfunkanbietern bei Telefonaten innerhalb der Europäischen Union. Dem Bericht zufolge machen Roaming-Einnahmen derzeit rund acht Prozent der Umsätze eines Mobilnetzbetreibers aus. Eine drastische Reduzierung dieser Einnahmen wäre ein harter Schlag für die Mobilfunker, die angesichts der zunehmenden Marktsättigung und des wachsenden Preisdrucks auf Inlandsverbindungen ohnehin schon mit einer Wachstumsdelle rechnen und Sparmaßnahmen vorbereiten.

Die zum Interessenverband GSM Europe zählenden Mobilfunker hätten sich nicht auf eine gemeinsame Linie gegenüber der EU einigen können, vielmehr gebe es separate Treffen einzelner Carrier mit Kommissarin Reding. Innerhalb der Netzbetreiber gibt es unterschiedliche Interessen: So kann sich der britische Konzern Vodafone, der über ein weltweites Netz an Tochterfirmen und Beteiligungen verfügt, von der Konkurrenz mit relativ günstigen und einfachen Auslandstarifoptionen abgrenzen, einen ähnlichen Weg versucht die konzernübergreifende Allianz Freemove zu gehen, der jüngst der skandinavische Anbieter TeliaSonera beigetreten ist. Hingegen haben kleinere und später gestartete Anbieter eine schwache Verhandlungsposition bei den Wholesale-Preisen, die sie bilateral mit anderen Carriern aushandeln. Entsprechend versuchen sie, diese Kosten auf ihre Kunden abzuwälzen.

Der Initiative der EU-Kommission dürfte eine breite Zustimmung im Europaparlament sicher sein, heißt es weiter. Die Kommission wolle nach der Präsentation ihrer Vorschläge kommende Woche diese überarbeiten und am 8. Juni den für Telekommunikation zuständigen Ministern der EU-Mitgliedstaaten vorlegen. Auch in der EU-Präsidentschaft dürfte die Roaming-Initiative auf Wohlwollen stoßen: Zum 1. Juli gibt Österreich, dessen Einwohner zumindest national von sehr günstigen Mobilfunktarifen profitieren, die Präsidentschaft an Finnland ab. In der Heimat von Handy-Weltmarktführer Nokia herrscht ausgeprägter Wettbewerb unter den Mobilfunkern, und die Finnen zahlen bereits heute im europäischen Durchschnitt mit die niedrigsten Roaming-Gebühren. Verbraucherinformationen zum Roaming und Preisbeispiele hat die Kommission auf einer eigenen Website zusammengefasst. (ssu)