Ein schlimmes Ende und holprige Neuanfänge – die Fotonews der Woche 12/2023

Amazon stampft DPReview ein, neue Fuji-Kameras tauchen kurz auf und verschwinden wieder – Sony dagegen bereitet in Ruhe einen Launch vor.

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Die YouTube-Hosts von DPReview sitzen mit einem Pappschild "Das Ende ist nah" im Schnee

Britischer Humor bis zuletzt - die YouTube-Hosts von DPReview verabschieden sich zu Petapixel.

(Bild: Petapixel via YouTube, Screenshot: Heise Online.)

Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Nico Ernst
Inhaltsverzeichnis

Wenn es schon früh in der Woche viele Aufregerthemen in sozialen Netzwerken gibt, taucht unvermeidlich das What-a-Week-Meme auf, das auf einem Comic der Serie Tim und Struppi basiert. In der häufigsten Version weist Tim den Kapitän darauf hin, dass es erst Mittwoch ist – weil sich der Seebär über eine harte Woche beklagt.

c't Fotografie 6/24

Diesmal war es in der Fotowelt schon am Dienstagabend Zeit für "What a week". Da kündigte die Webseite DPReview an, dass sie ab dem 10. April nicht mehr aktualisiert wird und auch danach nur eine bisher unbekannte Zeit lang als Archiv abrufbar sein wird. Warum das ein herber Verlust ist, haben wir bereits ausführlich erklärt, daher ist es in dieser Kolumne jetzt Zeit für einige Hintergründe. Wer ambitioniert oder professionell fotografiert, muss das Mediengeschäft kennen.

Amazon hatte DPReview 2007 übernommen und die Redaktion nach den Inhalten zu urteilen weitgehend in Ruhe gelassen. Offenbar bekam es der Monsterkonzern aber mit all seinen Ressourcen nicht hin, mit den exzellenten Inhalten und dem erstklassigen Team Geld zu verdienen. In den 16 Jahren unter Amazon hat sich die Landschaft der Onlinemedien gründlich gewandelt, gerade Nischenthemen mit hohem personellem Aufwand lassen sich nicht mehr nur durch Werbung finanzieren. Paywalls, direkte Unterstützung etwa durch Patreon, ein breites Angebot an eigenen Produkten wie Merchandise-Artikeln, sind einige der Möglichkeiten, da am Leben zu bleiben.

Von all dem war aber bis zuletzt bei DPReview kaum etwas zu sehen. Das, was eine Redaktion selbst im Griff hat, wurde aber erfolgreich ausprobiert: Allein für einen YouTube-Kanal mit 410.000 Abonnenten müsste man heute schon ordentlich investieren. Und da ist es kein Wunder, dass vorerst von DPReview nur die YouTube-Hosts Chris Niccolls und Jordan Drake sichtbar bleiben, die in gleicher Funktion zu Petapixel wechseln. Es scheint, als hätte Amazon sich nicht einmal sonderlich bemüht, einen Käufer für das gesamte Objekt zu finden, was wieder mal eine Binsenweisheit bestätigt: Branchenfremde Konzerne können keine Medienunternehmen managen.

Was von außen wie "nur eine Webseite" aussieht, ist nämlich bei Anspruch und Erscheinungsweise von DPReview ein Millionenunternehmen. Und, aus eigener Erfahrung: Ein solches Team mit der Kompetenz und dem Netzwerk aufzubauen, dauert ein bis zwei Jahre und kostete auch vor 20 Jahren schon mehrere Millionen Euro – heute mehr. Vielleicht war Amazons überraschende Ankündigung aber auch nur der extrem billige Versuch ohne große Mühe einen Käufer für die Reste zu finden.

Offenbar weiter weg als gedacht sind auch neue Kameras von Fujifilm, und daran ist auch gut zu sehen, warum es seriösen Journalismus vor allem im Fotogeschäft braucht. Denn auf der spanischen Webseite Fujistas tauchte Anfang der Woche ein Bild aus einer vermeintlichen Fuji-Präsentation auf. Darauf sind vier neue Kameras zu sehen, drei davon vermutlich Digitalmodelle plus eine Instax für Sofortbildfilm, nur: Der Link führt inzwischen ins Leere, aufgegriffen wurde das Gerücht unter anderem von Fujiaddict und dann vielen weiteren Medien. Bisweilen wurden die Kameras sogar als "disruptiv" bezeichnet.

Da war wohl der Wunsch der Vater des Gedankens, denn für den April hatte Fujifilm offiziell eine größere Veranstaltung angekündigt. Und die, will wiederum Fujirumours wissen, ist nun abgesagt. Das soll aus ganz sicherer Quelle kommen. Wer mitgezählt hat, kommt jetzt schon auf drei Onlinemedien, die sich untereinander die Gerüchtebälle zuspielen. Bloß gut, dass keine davon auf die Idee kam, das mit dem wieder einmal vorgestellten OPF-Sensor von Panasonic zu verknüpfen. Der ist seit fast 10 Jahren in Entwicklung, immer noch nicht mal in einem Prototyp zu sehen, aber: Der Film darin, der bahnbrechende optische Leistungen ermöglichen soll, stammt von Fujifilm.

Damit wäre das nächste Getuschel eigentlich ganz einfach: Sensor ist nicht fertig, also kann Fuji auch keine "disruptiven" Kameras damit vorstellen. Wenn man aber über diese Marken hinaus blickt und sieht, wo das Wachstum des Marktes für mittelgroße Sensoren steckt, dürfte die Erklärung viel einfacher sein: Bei Überwachungs- und Industriekameras spielt die Musik für die Zulieferbetriebe. Und hier hat Canon schon im Januar einen neuen Sensor angekündigt, prompt soll auch Panasonics OPF-Bauteil sich dafür eignen.

Keine Disruption, sondern typische Evolution betreibt Sony mit seinen Vlogging-Kameras. Das Segment wächst stetig, getrieben durch soziale Netzwerke. Und statt zuletzt billigeren Kameras ohne Wechseloptik will Sony nun auch bei den Kompakten mit E-Mount nachlegen. Die ZV-E1 wurde auf Instagram von Sony Taiwan angekündigt, am 29. März soll die Vorstellung erfolgen. Und wiederum eine Gerüchteseite, diesmal Mirrorlessrumours, will die Specs erfahren haben: Vollformatsensor erscheint ja noch realistisch, aber den 12-Megapixel-Sensor der Alpha 7S III mit dem Autofokus des Auflösungs-Flaggschiffs Alpha 7 R V zu kombinieren ergibt keinen Sinn. Zumal Sensor und Autofokus bei spiegellosen Kameras eng zusammenarbeiten müssen.

Um KI kommen wir in dieser Woche auch nicht herum, aber diesmal geht es nicht um dystopische künstliche Bilder, die auf fremdem Material basieren. Adobe Firefly ist als Kreativwerkzeug für Profis gedacht, steckt aber noch im Betastadium. Umso bemerkenswerter ist, dass die damit erstellten Bilder mit den Echtheits-Marken der CAI versehen werden können und sich auch von weiterem Training durch andere lernende Maschinen ausnehmen lassen. Natürlich gibt es das nur für zahlende Abonnenten, aber: Die grundlegenden Probleme von Generative AI von Anfang an mitzudenken ist vorbildlich. Und nach dem Aufruhr um den vermuteten Missbrauch fremden Materials aus der Adobe Cloud als Trainingsdaten wollen wir Adobe vorerst einmal glauben, dass für Firefly nur gemeinfreie Bilder verwendet wurden.

(keh)