Einzelhandel droht in die Schnäppchenfalle abzurutschen

Während in den USA der vermeintlich gute Auftakt ins Weihnachtsgeschäft zum Strohfeuer verkommt, entflammt hierzulande die Diskussion um die geeigneten Mittel zum Ankurbeln der Konjunktur.

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Von
  • Matthias Parbel

Während in den USA der vermeintlich gute Auftakt ins Weihnachtsgeschäft zum Strohfeuer verkommt, entflammt hierzulande die Diskussion um die geeigneten Mittel zum Ankurbeln der Konjunktur. Zwar liegen die endgültigen Zahlen aus dem US-Einzelhandel für das Geschäft im November noch nicht vor, doch Experten rechnen mehrheitlich mit düsteren Ergebnissen, berichtet das Wall Street Journal. Kreditkartenanbieter MasterCard beispielsweise prognostiziert auf Basis der registrierten Abrechnungsvorgänge für verschiedene Warensegmente wie Bekleidung und Elektronik einen Umsatzrückgang von mehr als 20 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Die am ersten Adventswochenende erzielten Steigerungen gegenüber 2007 habe der US-Handel sich überwiegend durch Sonderangebote mit massiven Preisnachlässen erkauft. Anstelle gezielter, "strategischer" Rabatt-Offerten mache sich ein Trend zum "Abverkauf um jeden Preis" im Einzelhandel breit, betonte Kimberly Frazier, Marktanalystin von Deloitte LLP. Für Wiederverkäufer steht unterdessen viel auf dem Spiel, denn das Weihnachtsgeschäft macht typischerweise mindestens ein Drittel des gesamten Jahresumsatz aus. Darüber hinaus sind viele Handelshäuser gezwungen, ihre Lager für neue Waren im kommenden Jahr zu räumen. Vor diesem Hintergrund sei es die bessere Entscheidung, jetzt Verluste hinzunehmen, als noch 2009 auf "veralteten" Lagerbeständen zu "sitzen", unterstrich Madison Riley vom Beratungsunternehmen Kurt Salmon Associates.

Schwindende Umsätze und Gewinne erschweren den Unternehmen jedoch auch die Entschuldung respektive die Geldbeschaffung für Investitionen in die Zukunft. Damit wird sich die von der US-Notenbank kürzlich formulierte Talfahrt der US-Wirtschaft weiter verschärfen. Die Federal Reserve hatte in ihrem jüngsten Konjunkturbericht unter anderem die im Oktober und November weiter gesunkenen Ausgaben der amerikanischen Verbraucher als einen wesentlichen Grund für die Verschlechterung der Lage angeführt. Wirtschaftsexperten sprechen inzwischen von der "schlimmsten Rezession seit den 30er-Jahren".

In Deutschland entflammt derweil die Diskussion um die geeigneten Mittel zum Ankurbeln der Konjunktur. Die heiß diskutierten Vorschläge reichen vom Konsumgutschein für jeden einzelnen Bürger bis hin zu allgemeinen Steuersenkungen. Über den Sinn und Nutzen der einzelnen Maßnahmen wird nicht nur innerhalb der Regierungskoalition eifrig gestritten, auch unter den Wirtschaftsexperten gehen die Meinungen auseinander. Barschecks für Verbraucher werden vor allem wegen ihrer nur kurzfristigen Wirkung abgelehnt. Sowohl Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) wie auch Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) sprechen sich für langfristiger angelegte Konjunkturstützungsmaßnahmen aus.

Der Wirtschaftsweise Wolfgang Franz warnte davor, die Konsumgutscheine über eine Steuervergütung zu verteilen, da nur etwa die Hälfte aller deutschen Haushalte überhaupt Einkommensteuer bezahle. "Wenn der Staat schon solche Geschenke verteilen will, dann bitte nicht an die Falschen", betonte er gegenüber dem Münchner Merkur. Unterdessen hat der SPD-Abgeordnete Karl Lauterbach einen Vorschlag unterbreitet, Konsumgutscheine zu verteilen, die den Unternehmen aus Handel und Dienstleistungsgewerbe über die Umsatzsteuer verrechnet werden könnten. Dabei sollen Erwachsene 500 Euro zuzüglich eines Eigenanteils von 200 Euro in Einkäufe investieren können, während Jugendliche sowie Sozialhilfe- und Hartz-IV-Empfänger 250 Euro ohne jegliche Bedingungen erhalten, berichtet die Financial Times (FTD).

Der Hauptverband des Deutschen Einzelhandels (HDE) rechnet nach den Erfahrungen des ersten Adventswochenendes mit einer insgesamt noch positiven Geschäftsentwicklung hierzulande. Vor allem der Onlinehandel wachse trotz der aktuellen Krise weiter. Vor diesem Hintergrund sprach sich HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth gegen Konsumgutscheine aus. "Wir wollen keine Wahlgeschenke, sondern eine nachhaltige Stärkung des Konsums. Das geht nur durch eine dauerhafte Senkung von Steuern und Abgaben." Der Verband befürchtet zudem die noch unüberschaubaren bürokratischen Hürden, die mit der Ausgabe der Gutscheine verbunden sein könnten. Der HDE schlägt daher alternativ die sofortige Abschaffung des Solidaritätszuschlages vor: "Diese Maßnahme wirkt sofort und entlastet Verbraucher und Unternehmen in Ost und West um 13 Milliarden Euro", betonte Genth. (map)