Emoticon-Urteil: "Ups 😬" ändert Ferrari-Kaufvertrag nicht

Eine Whatsapp-Nachricht mit dem Grimassen-Emoji 😬 ist keine Zustimmung zu einem Antrag eines Vertragspartners. Ein säumiger Ferrari-Händler hat das Nachsehen.

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schwarzer Sportwagen

Ferrari SF90 Stradale

(Bild: Calreyn88 CC BY-SA 4.0)

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Textnachrichten in Messenger-Anwendungen wie Whatsapp oder Signal können Verträge ändern, selbst wenn Schriftform vereinbart ist. So sieht es das Oberlandesgericht München. Doch legt es die Nachricht "Ups 😬" nicht als Zustimmung des Absenders zu einer Änderung eines Vertrages aus. Das hat Auswirkungen auf den durchgefallenen Verkauf eines Nobelsportwagens.

Ein Autohändler und ein Betreiber einer Immobilienfirma vereinbarten am 19. November 2020 die Lieferung eines fabrikneuen Ferrari SF90 Stradale mit bestimmten Ausstattungsmerkmalen zum Gesamtpreis von 617.917,02 Euro: Das sind 80.000 Euro plus Steuer über Listenpreis, die für zügige Erfüllung fließen sollten. Die allgemeinen Geschäftsbedingungen des Ferrarihändlers sahen vor, dass Verträge nur schriftlich geändert werden können. Der Käufer leistete eine Anzahlung von 59.500 Euro. Der Lieferzeitpunkt war unverbindlich für das "II./III. Quartal" 2021 avisiert, mit der Möglichkeit der Mahnung (und damit der Setzung des säumigen Lieferanten in Verzug) erst nach zwei weiteren Quartalen, also zum Ablauf des 31. März 2022. Ferraris können wohl schnell fahren, kommen aber offenbar langsam.

Händler und Kunde tauschten sich während der Wartezeit mehrfach über Whatsapp aus. Am 23. September 2021, also kurz vor Ablauf des dritten Quartals des Jahres, hatte der Verkäufer dann eine schlechte Nachricht für seinen wohlhabenden Kunden: Die Lieferung werde erst in der ersten Jahreshälfte 2022 erfolgen. Darauf antwortete der Käufer mit "Ups 😬" und bat um "wenigstes eine Bestätigung der Order", die er sechs Tage später auch erhielt. Darauf antwortete der Kunde mit dem Daumen-nach-oben-Emoticon.

Im April 2022 bot der Händler dann die Lieferung des Ferrari für den 9. Mai des Jahres an, was der Käufer mit "Passt" genehmigte. Als der Tag gekommen war, hatte der Händler wieder eine schlechte Nachricht: Wegen Batterieproblemen könne das Fahrzeug für unbestimmte Zeit nicht ausgeliefert werden. Daraufhin setzt der Kunde eine dreiwöchige Nachfrist bis Ende Mai, trat schließlich am 1. Juni vom Kaufvertrag zurück und forderte die Rücküberweisung seiner Anzahlung.

Im Juli forderte der Händler den vollen Kaufpreis gegen Übergabe des Autos im August, was den Ex-Kunden aber nicht interessierte. Auch eine zweite Forderung im September nach einem auf 526.713,04 Euro reduzierten Kaufpreis war nicht erfolgreich. Schließlich verkaufte der Händler das erheblich verspätete Kraftfahrzeug um 389.000 Euro an jemand anderen.

Vor Gericht stritten die ehemaligen Vertragspartner um das liebe Geld. Der Ex-Kunde wollte seine Anzahlung zurück, der Händler forderte hingegen noch 44.116 Euro, um den Verlust aus dem billigeren Verkauf an einen Ersatzkunden auszugleichen. Sein Argument: Der Kunde habe per Whatsapp die Verlängerung der Lieferfrist bis Ende Juni akzeptiert, entweder durch das Grimassengesicht oder durch den nach oben gerichteten Daumen sechs Tage später. Daher habe er nicht das Recht gehabt, Anfang Juni vom Kaufvertrag zurückzutreten.

Das Landgericht München II (LG München II, Urteil vom 22.12.2023 – 5 O 3532/22) schloss sich dieser Auslegung an und erlegte dem Doch-nicht-Ferrarifahrer auf, den Händler schadlos zu halten. Doch das Oberlandesgericht München (OLG) als Berufungsinstanz dreht das Urteil nun um: Zunächst führt es aus, dass vertraglich vereinbarte Schriftform auch mit Textnachrichten, guten Fotos oder Dateien mit Textinhalt erfüllt sein kann, die mittels Messenger übermittelt werden. Damit stellt sich das OLG München ausdrücklich gegen Rechtsmeinung einiger anderer deutscher Gerichte, etwa des OLG Frankfurt und des Amtsgerichtes Kassel, die Messenger-Texten nicht als Schrift eingestuft haben.

Willensäußerungen können laut OLG München grundsätzlich auch mittels Emoticons erfolgen. Diese müssten dann im Einzelfall, abhängig von Kontext und Beteiligten, ausgelegt werden. Sprachnachrichten oder Videos würden das Schriftformgebot jedoch nicht erfüllen, merkt das OLG München noch an, was im konkreten Fall aber keine Rolle spielt.

Das Problem für den Ferrarihändler ist also nicht die Schriftform oder die Verwendung von Emoticons an sich, sondern die Auslegung der konkret genutzten Emoticons. Das Grimassengesicht vom 23. September 2021 drückt laut Urteil nämlich gerade keine Zustimmung aus; und der nach oben gerichtete Daumen vom 29. September 2021 bezog sich nicht auf eine gewünschte Fristverlängerung, sondern auf die an dem Tag zugemittelte Bestellbestätigung. Der Kunde hat also nie wirksam in eine Erstreckung der Lieferfrist auf Ende Juni 2022 eingewilligt, weshalb er wirksam am 1. Juni vom Vertrag zurücktreten konnte.

Zudem stuft das OLG die dreiwöchige Nachfrist aufgrund der Vorgeschichte nicht als zu kurz ein. Der säumige Ferrarihändler muss also doch die Anzahlung zuzüglich Zinsen und Verfahrenskosten rückerstatten. Eine ordentliche Revision an den Bundesgerichtshof hat das OLG nicht zugelassen.

(ds)