DIHK: Deutschland drohen durch Energiewende Standortnachteile
Der deutschen Wirtschaft läuft laut einer Umfrage des DIHK die Energiewende nicht schnell und sicher genug.
Während in den Jahren vor 2023 viele Unternehmen in der Energiewende auch Chancen für den eigenen Betrieb sahen, überwogen zuletzt deutlich die Risiken. Das ist ein Resümee der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) nach einer Umfrage unter 3300 Unternehmen für sein Energiewende-Barometer. "Der Politik ist es bisher nicht gelungen, den Unternehmen eine Perspektive für eine zuverlässige und bezahlbare Energieversorgung aufzuzeigen", meint der stellvertretende DIHK-Hauptgeschäftsführer Achim Dercks.
Vor dem Hintergrund steige kontinuierlich die Zahl der Industriebetriebe, die Produktionseinschränkungen oder eine Abwanderung ins Ausland erwägen. 2022 seien es 21 Prozent gewesen, nun 37 Prozent. Abzuwandern erwägen demnach besonders Industriebetriebe mit hohen Stromkosten, nämlich zu 45 Prozent, sowie solche mit 500 oder mehr Beschäftigten zu 51 Prozent, teilte die DIHK mit. Energieinsentive Industrieunternehmen beurteilten die Energiewende auch am kritischsten.
Die Frage, wie sich die Energiewende in Deutschland auf ihre Wettbewerbsfähigkeit auswirke, beurteilten die befragten Unternehmen auf einer Skala von 100 für "sehr positiv" bis minus 100 "sehr negativ" durchschnittlich mit dem Wert 20. Das sei der zweitschlechteste Wert in dieser Umfragereihe, die die DIHK seit 2012 durchführt.
Die entscheidende Standortfrage für viele Betriebe seien nachhaltige Lösungen des Energieangebots und der Energiepreisfrage, meint die DIHK. Solche habe die Bundesregierung in ihrer jüngsten Wachstumsinitiative ausgespart. Gut ein Drittel der Industriebetriebe könne wegen der hohen Energiepreise aktuell weniger in betriebliche Kernprozesse investieren, ein Viertel könne sich mit weniger Mitteln im Klimaschutz engagieren und ein Fünftel müsse Investitionen in Forschung und Innovation zurückstellen.
Bremsende BĂĽrokratie
Zwei Drittel der Unternehmen fühlen sich laut der Umfrage in ihrer Transformation durch Bürokratie und fehlende Planbarkeit ausgebremst. "Die Unternehmen sehen sich mit Vorgaben konfrontiert, die in der Praxis viel Zeit und damit Ressourcen kosten und dann für Transformation und Innovation fehlen", erläutert Dercks. Die Bestrebungen der Bundesregierung, Bürokratie abzubauen und Genehmigungsprozesse zu beschleunigen, würden sich bislang nicht spürbar in der betrieblichen Praxis niederschlagen.
Etwa 80 Prozent der Unternehmen sehen Engpässe bei Übertragungs- und Verteilnetzen als zunehmendes Problem für eine stabile Energieversorgung. Auch werde für die Betriebe der verlässliche Zugang zu Wasserstoff wichtiger. Fast zwei Drittel der Unternehmen fordern daher hier Planungssicherheit.
Die DIHK schlägt vor, Steuern und Abgaben auf Strom zu senken, den Netzausbau zu beschleunigen und die Netzentgelte zu senken; Netzanschlüsse müssten schnell und bedarfsgerecht bereitgestellt werden. Der Ausbau erneuerbarer Energien müsse auf Investitionsförderung umgestellt werden, außerdem sei eine glaubwürdige Importstrategie für Wasserstoff nötig.
Eine Strategie dafür, wie die wohl nötigen 70 Prozent des benötigten Wasserstoffs importiert werden könnten, hatte die Bundesregierung im Juli vorgestellt. Die DIHK fordert dazu, der regulatorische Rahmen müsse so ausgestaltet werden, dass "Wasserstoff als Energieträger und Rohstoff zügig, in großen Mengen und zu tragbaren Kosten beschafft werden kann". Essenziell sei, die mit dem Markthochlauf des Wasserstoffs verbundene Infrastruktur auszubauen.
(anw)