Europas IT-Markt wächst um 2,9 Prozent

Erstmals seit Jahren steigen 2005 die Umsätze mit Informationstechnik wieder stärker als die der Telecom-Branche. Geringem Wachstum in Mitteleuropa stehen Rekordwerte in den EU-Beitrittsländern gegenüber.

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Von
  • Sven-Olaf Suhl

Der Markt für Informations- und Telekommunikationstechnik wird in der Europäischen Union im Jahr 2005 insgesamt um 2,9 Prozent auf 614 Milliarden Euro wachsen. Das berichtet das Marktforschungsinstitut European Information Technology Observatory (EITO) in einer jetzt vorgelegten Studie. Das Wachstum des IT-Sektors liegt demnach doppelt so hoch wie das der Gesamtwirtschaft in der EU. Im Jahr 2006 soll sich die Entwicklung fortsetzen: Das EITO rechnet EU-weit mit einem Plus im IT-Markt von 2,8 Prozent auf dann 631,7 Milliarden Euro.

Der Markt für Informationstechnik wächst in der EU 2005 mit einem Plus von 3,7 Prozent auf 290 Milliarden Euro erstmals seit Jahren wieder stärker als die Telekommunikationstechnik. Für das Jahr 2006 erwartet das EITO einen weiteren Anstieg des Informationstechnikwachstums auf dann 4,2 Prozent. Besonders kräftig legten die Märkte in den neuen EU-Ländern zu: Den Spitzenplatz nehme Polen mit 17,1 Prozent ein. Auch Ungarn und Tschechien lägen mit einem Anstieg von rund 8 Prozent deutlich über dem EU-Durchschnitt.

Die Gesamtwirtschaft entwickelt sich in den alten EU-Mitgliedstaaten schwächer als noch zu Jahresbeginn angenommen. Zudem weisen die nationalen Wachstumswerte größere Unterschiede auf. So erzielt Spanien 3,1 Prozent Wachstum im Informations- und Telekommunikationssektor, gefolgt von Frankreich mit 2,9 Prozent und Großbritannien mit 2,8 Prozent. Der deutsche Informations- und Telekommunikationsmarkt erreicht ein Plus von 2,6 Prozent. Italien bildet mit 2,2 Prozent das Schlusslicht. Diese fünf großen EU-Staaten vereinigen rund zwei Drittel des Informations- und Telekommunikationsmarkts in der Europäischen Union auf sich.

Im einzelnen konnten besonders die Marktsegmente Software und IT-Services stark zulegen. Der Umsatz mit IT-Dienstleistungen steigt 2005 nach Berechnungen des EITO europaweit um 4,6 Prozent auf rund 124 Milliarden Euro. Der Software-Markt wächst im gleichen Zeitraum um 4,8 Prozent auf 66,5 Milliarden Euro. Die Anbieter profitieren davon, dass Unternehmen und Organisationen ihre bestehende IT-Infrastruktur modernisieren. Für zusätzlichen Schub sorgen neue Standards im Rechnungswesen von Unternehmen, beispielsweise die Einführung der International Accounting Standards (IAS) oder die Umsetzung der Kreditvergaberichtlinien nach "Basel II". Ein weiteres Schlüsselthema im Software-Segment bleibe die Sicherheit der IT-Systeme. Als Grund für die hohe Dynamik der IT-Dienste ist vor allem das Outsourcing von IT-Aufgaben zu nennen. Vorreiter seien hier Großbritannien und die nordischen Länder.

Bei der Computer-Hardware halte der Trend zu mobilen Geräten an. Das am stärksten wachsende Segment innerhalb der Hardware seien aber die Multifunktionsgeräte, die die Funktionen von Drucker, Scanner und Fax vereinen. Die Telekommunikation entwickelt sich in diesem Jahr hingegen schwächer als noch im Frühjahr erwartet. In diesem Segment rechnet das EITO für die EU mit einem Umsatzplus von 2,2 Prozent auf knapp 324 Milliarden Euro. Im Jahr 2006 beträgt der Anstieg der aktuellen Prognose zufolge lediglich 1,6 Prozent auf 329 Milliarden Euro. Nicht nur in Deutschland, auch in den meisten anderen EU-Ländern steigen die Umsätze mit mobilen Telefondiensten etwas langsamer als ursprünglich angenommen.

Die Handytarife sinken in Folge des verschärften Wettbewerbs im Mobilfunkmarkt, der vor allem durch neue Billigmarken stimuliert wird. Der Preisverfall kann nach Einschätzung des EITO auch durch höhere Nutzerzahlen und verstärkte Nutzung mobiler Dienste nicht vollständig kompensiert werden. Der Umsatz mit Mobilfunkdiensten wird 2005 dennoch um 3,4 Prozent auf fast 123 Milliarden Euro steigen. Wachstumsmotor in diesem Segment seien mobile Datendienste, die durch den zunehmenden Einsatz der Übertragungstechnik UMTS zusätzlichen Auftrieb bekämen.

Unter Druck bleibt der Markt für Sprachtelefonie im Festnetz, der um 2,3 Prozent auf rund 85 Milliarden Euro schrumpft. Die Umsätze sinken, weil immer mehr Menschen auch zu Hause mit dem Handy telefonieren und der Wettbewerb auch in diesem Segment schärfer wird. Zudem steigen viele Internet-Nutzer auf Breitbandanschlüsse wie DSL. Einen ähnlichen Trend im deutschen TK-Markt hatte jüngst der Branchenverband VATM ermittelt.

EITO, zu dessen Mitgliedern die Deutsche Messe AG (CeBIT), der IT-Branchenverband Bitkom sowie die beiden italienischen IT-Unternehmen Smau und Simo gehören, wird vom Messebetreiber der Systems, der Deutschen Telekom, Telecom Italia, AMD und Sony gesponsert. Die Gelder fließen in Forschungsarbeit, die zum Ziel hat, der Branche jährlich einen Überblick über die Entwicklung der Informations- und Telekommunikationsmärkte zu geben. Anfang 2004 hatte das EITO dem Infomrations- und Telekommunikationssektor nach Jahren der Flaute einen beginnenden Aufschwung attestiert. (ssu)