Durchbruch beim Event Horizon Telescope: Auflösung um 50 Prozent verbessert

Das Event Horizon Telescope erhöht die Auflösung um 50 Prozent und erlaubt detailliertere Einblicke in Schwarze Löcher bei einer Wellenlänge von 0,87 mm.

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Das Schwarze Loch Sgr A*

Computersimulationen zeigen die Emission in der Nähe des Ereignishorizonts eines Schwarzen Lochs bei Wellenlängen von 1,3 mm (links) und 0,87 mm (rechts). Sie zeigen, wie viele Details bei der Beobachtung eines Schwarzen Lochs bei kürzeren Wellenlängen sichtbar werden.

(Bild: Christian M. Fromm, Julius-Maximilian University, WĂĽrzburg)

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Das Event Horizon Telescope (EHT) hat einen Auflösungsrekord in der Radioastronomie erreicht: Erstmals gelangen Beobachtungen bei einer Wellenlänge von nur 0,87 Millimetern (entspricht einer Frequenz von 345 GHz), was die bisher höchste Winkelauflösung von bodengebundenen Teleskopen ermöglicht. Damit sollten sich künftig noch schärfere Aufnahmen von Schwarzen Löchern und ihrer unmittelbaren Umgebung erzeugen lassen. Die Winkelauflösung nimmt mit abnehmender Beobachtungswellenlänge zu, sodass Beobachtungen bei kürzerer Wellenlänge einen noch schärferen Blick auf die unmittelbare Umgebung der Schwarzen Löcher ermöglichen.

Ein internationales Team aus rund 140 Forscherinnen und Forschern unter Leitung von Alexander Raymond und Sheperd Doeleman berichtet in der Fachzeitschrift "The Astronomical Journal" über erfolgreiche interferometrischen Testbeobachtungen, die bereits im Oktober 2018 mit einer Teleskopgruppe bestehend aus ALMA, APEX, GLT, IRAM-30m und NOEMA durchgeführt wurden. Dabei gelang es, Radioquellen mit bis zu 9500 Kilometern voneinander entfernten Radioteleskopen zu detektieren, was einer Winkelauflösung von etwa 19 Mikrobogensekunden entspricht. Dies sei vergleichbar mit der Größe einer Verschlusskappe einer Fruchtsaftflasche auf dem Mond, erläutert das laut Max-Planck-Institut für Radioastronomie (MPIfR) in Bonn in einer Mitteilung, um die Präzision zu verdeutlichen. Das MPIfR betreibt das an den Messungen beteiligte Teleskop Atacama Pathfinder Experiment (APEX).

Die an den EHT-Testmessungen bei der Wellenlänge von 0,87 mm beteiligten Observatorien sind im Bild farbig hervorgehoben.

(Bild: ESO/M. Kornmesser)

Die Beobachtungen bei 0,87 Millimetern Wellenlänge stellen eine Verbesserung der Auflösung um etwa 50 Prozent gegenüber den bisherigen EHT-Beobachtungen bei 1,3 Millimetern dar. Dies ermöglicht einen noch schärferen Blick auf die unmittelbare Umgebung supermassereicher Schwarzer Löcher wie Sagittarius A* im Zentrum unserer Milchstraße oder M87* in der Galaxie Messier 87.

Um diese extrem kurze Wellenlänge nutzen zu können, mussten laut dem Forschungsteam erhebliche technische Herausforderungen gemeistert werden. Die Atmosphäre sei bei 0,87 Millimetern deutlich undurchlässiger als bei längeren Wellenlängen, was die Beobachtungen erschwert. Zudem müssen die Teleskope mit höchster Präzision synchronisiert werden, um interferometrische Messungen über so große Entfernungen zu ermöglichen.

Das EHT nutzt die Technik der Very Long Baseline Interferometry (VLBI), bei der weltweit verteilte Radioteleskope wie ein einziges gigantisches Teleskop zusammengeschaltet werden. Die neuen Beobachtungen bei 0,87 Millimetern versprechen nicht nur schärfere Bilder von Schwarzen Löchern, sondern auch neue Erkenntnisse über die Physik in ihrer extremen Umgebung. So könnte es in Zukunft möglich sein, die sogenannte Photonensphäre – den Bereich, in dem Licht auf einer Kreisbahn, um das Schwarze Loch gefangen ist – direkt abzubilden.

Links: Sichtbarkeitsamplituden für simulierte Beobachtungen von M87* (oben) und Sgr A* (unten) bei Beobachtungswellenlängen von 1,3 mm (grau) und 0,87 mm (rot). Rechts: Bilder aus Simulationen der Akkretionsströme von M87* (oben) und Sgr A* (unten), die zur Erzeugung der in den linken Tafeln gezeigten synthetischen Daten verwendet wurden. Beide Simulationen wurden bei Beobachtungswellenlängen von 1,3 mm (grau) und 0,87 mm (rot) nachgezeichnet, und die frequenzabhängigen Effekte der interstellaren Streuung wurden auf die Bilder von Sgr A* angewendet.

(Bild: Alexander W. Raymond et al.)

Zudem eröffnen sich neue Möglichkeiten zur Untersuchung der Jets, die von vielen aktiven Galaxienkernen ausgestoßen werden. "Bei kürzeren Wellenlängen können wir näher an den Ursprung der Jets heranzoomen und besser verstehen, wie sie entstehen und beschleunigt werden", erklärt Raymond.

Die Forscher planen bereits weitere Verbesserungen des EHT-Netzwerks, um die Empfindlichkeit weiter zu steigern und mehr Teleskope für Beobachtungen bei 0,87 Millimetern auszurüsten. Ziel ist es, in Zukunft nicht nur statische Bilder, sondern sogar "Filme" von der dynamischen Umgebung Schwarzer Löcher aufnehmen zu können. "Die Kombination der IRAM-Teleskope in Spanien (IRAM-30m) und Frankreich (NOEMA) mit ALMA und APEX wird es in Zukunft ermöglichen, noch kleinere und schwächere Emissionen als bisher bei zwei Wellenlängen, 1,3 mm und 0,87 mm, gleichzeitig abzubilden", sagt Thomas Krichbaum vom MPiFR, einer der Ko-Autoren der Veröffentlichung.

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Das EHT wurde entwickelt, um erstmals direkte Aufnahmen von Schwarzen Löchern zu machen. Im April 2019 veröffentlichte es das erste Bild des Schwarzen Lochs in der Galaxie M87 und im Mai 2022 folgte ein Bild von Sagittarius A* im Zentrum der Milchstraße.

Der Verbund besteht aus mehreren Radioteleskopen, die weltweit verteilt sind – von Grönland bis zum Südpol. Die Abstände jedes Paares von Radioteleskopen bezeichnet man als Basislinien. Eine unter einem kleinen Winkel zur Senkrechten der Basislinie einfallende ebene Radiowelle erreicht eines der Teleskope ein wenig früher als das andere. Der Laufzeitunterschied zeigt den Einfallswinkel zur Senkrechten an. Je länger die Basislinie, desto größer wird der Laufzeitunterschied für einen bestimmten Winkel und umso kleinere Winkeldifferenzen kann man unterscheiden.

Durch die Kombination der Daten dieser Teleskope erreicht das EHT eine extrem hohe Winkelauflösung. Die Beobachtungen erfordern einen enormen technischen Aufwand. Die Teleskope zeichnen riesige Datenmengen auf – bei der ersten Beobachtungskampagne 2017 waren es insgesamt 3,6 Petabyte. Diese Daten werden dann mit Supercomputern aufwendig verarbeitet, um daraus Bilder zu erzeugen.

Das EHT arbeitet üblicherweise bei einer Wellenlänge von 1,3 mm. Es kann damit 5000-mal schärfer "sehen" als das Hubble-Weltraumteleskop. Mit der geringeren Wellenlänge von 0,87 mm lässt sich die Auflösung fast verdoppeln, allerdings bei höherem Verarbeitungsaufwand.

Für die Zukunft plant das EHT weitere Verbesserungen. Es sollen noch mehr Teleskope eingebunden werden, was noch schärfere Bilder und sogar Videosequenzen von Schwarzen Löchern ermöglichen soll. Langfristig könnten auch Weltraumteleskope zugeschaltet werden, um die Auflösung weiter zu steigern.

(vza)