Expandiert der Kosmos nicht ewig? – Hinweis auf sich verändernde Dunkle Energie

Gegenwärtig geht man davon aus, dass die Dunkle Energie dafür sorgt, dass das Universum ewig expandiert. Nun weist eine riesige 3D-Karte auf das Gegenteil hin.

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Viele bunte Punkte über dem Teleskop

Künstlerische Darstellung der DESI-Daten über dem Kitt Peak National Observatory

(Bild: DESI Collaboration/KPNO/NOIRLab/NSF/AURA/P. Horálek/R. Proctor)

Lesezeit: 4 Min.

Die im ersten Jahr nach Inbetriebnahme des Dark Energy Spectroscopic Instruments (DESI) gesammelten Daten zur Entwicklung des Universums passen grundsätzlich gut zu unseren Theorien, gleichzeitig gibt es aber erste Hinweise darauf, dass die Dunkle Energie nicht konstant ist. Das hätte weitreichende Folgen und könnte bedeuten, dass unser Kosmos nicht immerfort expandiert, fasst die New York Times die noch sehr vorläufigen Einschätzungen aus dem DESI-Forschungsteam zusammen. Sollte sich der Befund tatsächlich bestätigen, könnte das sogar bedeuten, dass die derzeit als akzeptiert geltenden Werte für das Alter und die Größe des Universums nicht stimmen, ergänzt der Nobelpreisträger Adam Riess.

Noch handelt es sich aber lediglich um Hinweise auf ein Abweichen von den etablierten Theorien: Bislang hat das Forschungsteam ermittelt, dass die Wahrscheinlichkeit dafür, dass es sich bei den Werten um einen Zufall handelt, bei 1 zu 400 liegt, nötig wäre aber ein Wert von 1 zu 1,7 Millionen. Schon Ergebnisse, die für deutlich gesicherter gehalten wurden, haben sich wieder aufgelöst, schreibt die New York Times. Sollte sich der Befund aber tatsächlich bestätigen, müsste man selbst bei Grundlagen der Kosmologie wieder von vorn anfangen, erklärt Co-Autor Carlos Frenk von der Durham University. Dann sei es sogar wieder möglich, dass unser Universum am Ende in sich zusammenstürzt, zitiert ihn der Guardian.

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Das DESI sammelt seit 2021 Spektren von Dutzenden Millionen Galaxien und deckt dabei rund ein Drittel des Nachthimmels ab. Aus den Spektren können Forscherinnen und Forscher nicht nur auf die chemische Zusammensetzung der strahlenden Objekte schließen, sondern auch auf deren relative Distanz und Eigenbewegung, je nachdem, wie weit es ins Rot verschoben ist. Ziel ist die umfangreichste Karte des expandierenden Universums. Das Instrument kann dank robotergesteuerter Glasfasern gleichzeitig die Spektren von 5000 Galaxien einfangen und in einer guten Nacht bis zu 150.000 Objekte vermessen. Die jetzt vorgelegten Ergebnisse basieren auf dem ersten Jahr nach der Inbetriebnahme, insgesamt ist die Mission auf fünf Jahre angelegt.

Schon in diesem Zeitraum habe man die Expansionsgeschichte des Universums in den letzten 11 Milliarden Jahren so genau vermessen, dass die Abweichung nicht mehr als einen Prozent beträgt. Dafür haben die Forscher und Forscherinnen unter anderem sogenannte Baryonische akustische Oszillationen (BAO) analysiert. Das sind gigantische Strukturen, die auf ein Wechselspiel von Gravitation und Druck wenige Hunderttausend Jahre nach dem Urknall zurückgehen. Weil die in zu großen Entfernungen zu lichtschwach sind, haben sie dort gewissermaßen den Schatten dieser Strukturen vermessen, den dahinter liegende, aktive Galaxienkerne werfen. Dafür haben sie 450.000 dieser Quasare genutzt, schreibt die US-Forschungseinrichtung NOIRLab.

Nachdem Anfang des 20. Jahrhunderts unter anderem von Edwin Hubble nachgewiesen worden war, dass das Universum expandiert, war die Forschung lange davon ausgegangen, dass sich diese Expansion verlangsamt. Erst 1998 wurde dann durch die Analyse entfernter Supernovae entdeckt, dass sich die Ausdehnung ganz im Gegenteil sogar beschleunigt. Dafür bekamen Saul Perlmutter, Brian Schmidt und Adam Riess 2011 den Nobelpreis für Physik. Für diese Beschleunigung soll die sogenannte Dunkle Energie verantwortlich sein, deren Natur aber weiterhin rätselhaft ist. Das DESI soll bei der Ergründung helfen und die ersten Daten legen nun nahe, dass das gelingen kann. Noch ist aber viel Arbeit nötig. Die Forschungsartikel zu den Daten aus dem ersten Jahr wurden jetzt vorab veröffentlicht.

(mho)