Überwachungsgesetz FISA: FBI spähte mit Antiterror-Befugnissen Demonstranten aus
Erneut dokumentierter Missbrauch des Foreign Intelligence Surveillance Act (FISA) durch das FBI heizt die Debatte über eine Novelle des Überwachungsgesetzes an.
US-Bürgerrechtler sehen mit neuen Enthüllungen über den Missbrauch von Paragraf 702 des Foreign Intelligence Surveillance Act (FISA) ihre "schlimmsten Befürchtungen" bestätigt. Laut einem Beschluss des Foreign Intelligence Surveillance Court (FISC) hat das FBI anhand der seit Jahren umstrittenen Klausel rechtswidrig Daten von 19.000 finanziellen Unterstützern einer Kampagne des Kongresses sowie von 133 Demonstranten abgerufen. Diese waren 2020 gegen die Ermordung des Schwarzen George Floyd durch die Polizei auf die Straße gegangen. Das US-Gericht FISC ist für die Auslandsaufklärung zuständig und agiert überwiegend im Geheimen.
Gericht bestätigt erneuten Missbrauch des Gesetzes durch das FBI
Der zuletzt Anfang 2018 verlängerte einschlägige Artikel des Gesetzes zur Überwachung im Rahmen der Auslandsaufklärung erlaubt es US-Sicherheitsbehörden wie der NSA und dem FBI, von nationalen Unternehmen, Ämtern und Einrichtungen wie Telekommunikationsanbietern oder Bibliotheken E-Mails und andere Daten ihrer Kunden anzufordern. Spezielle richterliche Genehmigungen müssen sie dafür in der Regel nicht einholen. Allein 2021 durchsuchte das FBI bis zu 3,4 Millionen Mal Daten auf Basis von "Section 702", um die Kommunikation auch von US-Bürgern zu inspizieren. Bei diesen Überwachungsmaßnahmen kommt es immer wieder zu Fehlern.
Die jetzt veröffentlichte FISC-Entscheidung, die dem FBI den erneuten Missbrauch nachweisen, stammt vom 21. April 2022. Laut dem Beschluss führte die US-Polizeibehörde auch regelmäßig FISA-Suchen nach Personen durch, "die in polizeilichen Mordberichten aufgeführt sind". Dabei habe es sich um "Opfer, nächste Angehörige, Zeugen und Verdächtige“ gehandelt. Das Justizministerium stellte fest, dass diese Datenanalysen gegen die Regeln verstießen, "weil es keine vernünftige Grundlage für die Annahme gab, dass sie ausländische Geheimdienstinformationen oder Beweise für eine Straftat enthalten würden".
Künftig bessere Begründungen für Durchsuchungen
Nach dem Sturm auf das US-Kapitol am 6. Januar 2021 führte ein FBI-Mitarbeiter ferner eine Reihe von Ermittlungen durch, die sich auf 23.132 separate Abfragen mutmaßlicher US-Bürger beliefen. Er wollte damit "Beweise für einen möglichen ausländischen Einfluss finden", obwohl es keine Verdachtsmomente auf Anstiftung von außen gab. Das FBI erklärte mittlerweile laut der "Washington Post", dass die Missstände abgestellt worden seien. Es habe einige Zeit gebraucht, um die Fehler zu finden. Deswegen sei die FISC-Entscheidung erst mit deutlicher Verzögerung herausgegeben worden. Ermittler müssten ihre Ersuchen zum Zugriff auf einschlägige Datenbanken nun besser begründen.
Senator Ron Wyden, ein langjähriger Kritiker der Übergriffe von US-Geheimdiensten, prangerte die Verstöße gegen Abschnitt 702 FISA als "schockierend" an. Dem Demokraten zufolge dauert der Missbrauch seit Jahren an und der Öffentlichkeit würden immer noch wichtige Details vorenthalten. Dies jüngsten Offenbarungen "sollten im gesamten Kongress die Alarmglocken schrillen lassen", mahnt Jake Laperruque, Vizedirektor des Center for Democracy & Technology (CDT). Paragraf 702 müssten endlich die Giftzähne gezogen werden.
Reform der Befugnisse von Sicherheitsbehörden gefordert
Schon 2021 verwies der FISC voller Sorge darauf, dass das FBI "im großen Stil" Regeln zum Schutz der Privatsphäre von US-Bürgern bei dem Programm zur Massenüberwachung verletzt habe. Im Februar war zuletzt bekannt geworden, dass FBI-Mitarbeiter wieder einmal mehrfach unrechtmäßig FISA-Rohdaten durchsucht hatten. Auch dabei soll es um Beweise für ausländische Einflussnahme gegangen sein, diesmal im Zusammenhang mit einem US-Volksvertreter. In einem anderen Fall bezog sich eine unangemessene Suche auf eine lokale Partei.
Artikel 702 war für den Europäischen Gerichtshof nach den Snowden-Enthüllungen einer der Gründe, um bereits zweimal Abkommen zum transatlantischen Datenverkehr zu kippen. Die Klausel läuft zum Jahresende aus, wenn sie der Kongress nicht verlängert. US-Bürgerrechtsorganisationen fordern eine umfangreiche Reform, die die Befugnisse der Sicherheitsbehörden deutlich einschränkt.
(tiw)