Förderprogramm "vernichtet": Bundesregierung will bei Quantencomputern sparen
Immer wieder hat die Regierung Fördermittel für die Forschung zu Quantencomputing aufgestockt. Jetzt erstmals geplante Einschnitte führen zu CDU-Protesten.
Es ist wiederholt erklärtes Ziel der Bundesregierung, dass Deutschland im Bereich Quantencomputer vor allem im Wettlauf mit US-Konzernen mithalten können soll. Das im Herbst 2019 beschlossene Förderprogramm der Exekutive für Quantentechnik stockte daher schon die frühere Bundesforschungsministerin Anja Karliczek (CDU) rasch auf rund eine Milliarde Euro auf. Zuletzt sah das das Konjunktur- und Zukunftspaket der Regierung vom Herbst 2021 die Förderung von Quantentechnologien mit 2 Milliarden Euro vor. Doch in Zeiten der auch finanzpolitischen "Zeitenwende" will die Regierung nun selbst in diesem Zukunftsbereich sparen, in dem eine Reihe von Konsortien an einem Quantencomputer "made in Germany" arbeitet.
Im jüngst vom Bundeskabinett auf den Weg gebrachten Entwurf für den Bundeshaushalt 2024 stehen im Etat für das Forschungsressort so unter dem Titel "Quantensysteme – Quantentechnologien, Photonik" rund 21 Millionen Euro weniger zur Verfügung als in diesem Jahr. Die Gelder für den Betrieb des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) sollen zudem von 718 auf 549 Millionen Euro sinken. "Dahinter steckt eine Kürzung des Mittelansatzes für Quantencomputing in Höhe von insgesamt 200 Millionen Euro", erklärte eine Sprecherin des zuständigen Bundeswirtschaftsministeriums dem Fachdienst "Tagesspiegel Background". Dem Plan nach würden 170 Millionen Euro schon 2024 wegfallen und noch einmal 30 Millionen im Jahr darauf. Bereits beauftragte Projekte sollten aber fortgesetzt werden.
"Im Prinzip vernichtet"
Ursprünglich sollte die Quantencomputing-Initiative des DLR dem Bericht nach 740 Millionen Euro bekommen. Davon seien 80 Prozent – rund 600 Millionen Euro – für Auftrage an Unternehmen und vor allem Startups vorgesehen gewesen. Die geplante Kürzung entspreche demnach einem Drittel. Dabei habe das DLR hat bereits neun junge Firmen mit Entwicklungen im Bereich Quantencomputern wie Demonstratoren betraut. Im Oktober etwa vergab das Zentrum fünf Aufträge für die Entwicklung von Quantenrechnern auf der Basis von Ionenfallen mit einem Gesamtvolumen von 208 Millionen Euro an eleQtron, NXP Semiconductors, Parity Quantum Computing, Qudora Technologies und Universal Quantum Deutschland. Sie sollen damit innerhalb von vier Jahren prototypische Quantencomputer bauen.
Sollte der Bundestag die Streichungen bestätigen, wäre das DLR-Quantencomputerprogramm "im Prinzip vernichtet", moniert Thomas Jarzombek, forschungspolitischer Sprecher CDU/CSU-Bundestagsfraktion, gegenüber dem "Tagesspiegel". Dabei habe dieses die Erwartungen voll erfüllt und es seien "tolle Startups entstanden". Quantencomputer ließen sich nicht wie Laptops verkaufen, da brauche es vor allem wissenschaftliche Einrichtungen und andere staatliche Akteure als Abnehmer. Der CDU-Politiker sorgt sich daher, dass die jungen Unternehmen bei der weiteren Finanzierung nun auf Geldgeber aus den USA und anderen Drittstaaten angewiesen seien. Selbst Übernahmen durch US-Tech-Konzerne seien nicht ausgeschlossen.
"Platz an der Weltspitze"?
Die vorgesehenen Kürzungen überraschen, da die Bundesregierung unter der Ampel-Koalition erst im April ihr Handlungskonzept für Quantentechnologien beschlossen hat. Deutschland soll sich demnach in diesem Bereich mit insgesamt 3 Milliarden Euro "einen Platz an der Weltspitze" und zugleich die "technologische Souveränität" sichern. Erklärtes Ziel ist es damit, auch bei Quantencomputing "zu den Technologieführern" wie Google und IBM aufzuschließen. Robert Axmann vom DLR kritisierte aber schon damals, das Konzept stütze sich vor allem auf existierende Fördermaßnahmen und lasse Finanzierungen ab 2026 offen. Das DLR plante etwa noch eine Ausschreibung für Quantencomputer mit mindestens 50 Qubits.
Leistungsfähige Quantencomputer könnten gängige Verschlüsselungsverfahren wie Diffie Hellman, DSA und RSA nach Ansicht von Experten in Windeseile überwinden. Die Brüsseler Denkfabrik European Policy Centre (EPC) warnt nun in einem Diskussionspapier, dass die Ankunft "eines kryptografisch bedeutsamen Quantenrechners" nur noch eine Frage der Zeit sei. Schon jetzt ändere sich die Bedrohungslandschaft, da Angreifer verschlüsselte Informationen für "Harvest-Attacken" auf Vorrat herunterlüden. Ziel sei es, diese zu entschlüsseln, sobald die Quantentechnologie verfügbar ist. Die EU sei dagegen – im Gegensatz etwa zu den USA – nicht ausreichend gewappnet und müsse daher rasch einen koordinierten Aktionsplan für den Übergang zu sicherer Post-Quanten-Kryptografie aufstellen.
(axk)