Funksteckdose & Co.: Regulierer nimmt über 15 Millionen Produkte vom Markt

Die Bundesnetzagentur musste auch 2022 millionenfach eingreifen wegen Geräten, die Funkstörungen verursachen können oder erhebliche formale Mängel aufweisen.

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 Ein Netzstecker mit Funkmodul

Eins von Millionen Produkten: Dieser Funkstecker aus China darf wegen konstruktiver Mängel und Stromschlaggefahr nicht mehr in Verkehr gebracht werden.

(Bild: Bundesnetzagentur)

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Produkte, die Funkstörungen verursachen können, nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprachen oder erhebliche formale Mängel aufweisen, hielten die Bundesnetzagentur auch 2022 auf Trab. Sie musste nach eigenen Angaben im vorigen Jahr über 15 Millionen entsprechende Geräte aus dem Verkehr ziehen oder anderweitig sanktionieren.

Die Zahl ist zwar deutlich niedriger als 2021, als die Regulierungsbehörde sogar fast 23 Millionen Produkte vom Markt nehmen ließ. Ihr Präsident Klaus Müller bezeichnete das Aufkommen trotzdem als "wieder sehr hoch". Das massenhafte Einschreiten sei wichtig, um Verbraucher vor unsicheren Geräten zu schützen.

Laut der jetzt veröffentlichten Statistik der Marktüberwachung 2022 hatten die Prüfer vor allem im Online-Handel wieder alle Hände voll zu tun. Dort machten sie 2022 mehr als 2600 auffällige Angebote aus, die sie von den entsprechenden Verkaufsplattformen im Internet löschen ließen. Allein davon waren über 13 Millionen Produkte betroffen, sodass der E-Commerce wieder den Löwenanteil der Sperrungen ausmachte.

Auf dem ersten Platz der suspekten Gerätearten lagen voriges Jahr mit über 3,2 Millionen Stück Lichteffektgeräte für den privaten Bereich wie Blitzwürfel und Discokugeln. Diese verstießen etwa gegen die CE-Kennzeichnungspflicht in der EU. Hersteller müssen damit erklärten, dass sie für ein feilgebotenes Produkt ein Konformitätsbewertungsverfahren erfolgreich durchgeführt haben. Die Kontrolleure stellten zudem oft fest, dass funkgesteuerte Geräte in unzulässigen Laserklassen arbeiteten. Teils fehlte schlicht die Bedienungsanleitung. 2021 standen Funkkopfhörer an erster Stelle.

Den zweiten Platz im E-Commerce belegten "Energiespargeräte", von denen 2,8 Millionen betroffen waren. Diese etwa als Energie-, Strom- oder Elektrosparbox betitelten Produkte helfen angeblich, den Stromfluss im Haushalt zu stabilisieren und so die Stromrechnung zu senken. Viele der gestoppten Geräte wiesen laut der Agentur aber schon sichtbare formale Mängel auf wie falsche CE-Kennzeichnungen oder fehlende verantwortliche europäische Ansprechpartner.

Dies könne Auswirkungen für Verbraucher haben, untermauert der Regulierer seine im Herbst bereits ausgesprochene Warnung vor solchen Produkten mit "fraglicher Energiesparfunktion". Im Garantie- oder gar Schadensfall ließen sich keine Ansprüche gegen verantwortliche Unternehmen geltend machen. Der Betrieb solch mangelbehafteter Geräte sei in Deutschland auch verboten.

Handsender beziehungsweise Funkfernbedienungen erreichten mit einer Stückzahl von über 2 Millionen den dritten Platz auf Marktplätzen wie Amazon, eBay & Co. Grund für eine Sperre war hier häufig eine unzulässige Frequenznutzung innerhalb des militärischen Funkspektrums. 2021 schritt die Bundesnetzagentur bereits gegen einen "Wasservitalisierer" ein, der "gesundes, hexagonales" H2O versprach, aber das Amateurfunkband massiv störte.

Diesmal landeten etwa ein LED-Leuchtmittel mit Bluetooth-Lautsprecher, ein mobiles Heizgerät für die Steckdose sowie ein Löschgerät für EPROM-Speicher auf der schwarzen Liste. Laut einer europäischen Kampagne entsprachen auch nur 47 Prozent der begutachteten 78 USB-Hubs den Anforderungen.

Im deutschen Einzelhandel prüften die Spezialisten 2022 3296 Gerätetypen. Sie erließen im Anschluss 23 Vertriebsverbote und 1145 Aufforderungen, Mängel bei nicht konformen Produkte zu beheben. Die Maßnahmen betrafen hier 1,72 Millionen einzelne Geräte. Auffällig waren hier im Rahmen einer Risikobewertung etwa Batterieladegeräte, die aufgrund hoher Grenzwertüberschreitungen Störungen bei sicherheitsrelevanten Funkdiensten, beim Militär sowie IP-Diensten verursachen können.

Die sicherheitstechnischen Prüfer bringen auch das Beispiel einer "smarten Funksteckdose", die Anforderungen aus gängigen Sicherheitsnormen nicht eingehalten habe. Damit sei der Schutz gegen elektrische Schläge nicht gewährleistet gewesen, die Brandgefahr hoch. Nach erfolgter Risikobewertung habe man daher ein Vertriebsverbot ausgesprochen.

Der Zoll meldete 2022 rund 4800 verdächtige Warensendungen wie Heizlüfter und E-Zigaretten ohne Kennzeichnung an die Bundesnetzagentur, während es 2021 noch knapp 6500 waren. Aufgrund vielfältig identifizierter Mängel erfolgte erneut in rund 91 Prozent der Fälle keine Freigabe für den europäischen Markt. Insgesamt waren mehr als 720.000 Produkte von einer Einfuhrsperre betroffen – ein deutliches Plus gegenüber 320.000 im Jahr zuvor. Die Kontrolleure raten, online bei seriösen und bekannten Quellen zu bestellen, vermeintliche Mega-Schnäppchen zu hinterfragen und auf eine Anbieter- oder Partneradresse in der EU zu achten.

(bme)