"GIF it to me, Baby!" – 30 Jahre Graphics Interchange Format

Seite 2: Renaissance für ein Bildformat

Inhaltsverzeichnis

2003 begann mit der Gründung von MySpace die GIF-Renaissance. Im ästhetischen Sinne ein Nachfolger von Geocities fiel das GIF hier auf fruchtbaren Boden: zwischen Comic Sans und Selbstdarstellung war auf MySpace Raum für glitzernde, flackernde Animationen. 2004 liefen die letzten signifikanten Patente im Zusammenhang mit der LZW-Kompression aus. Das GIF war frei und dennoch war es bis etwa 2011 abgeschrieben. Erst als Anfang 2011 soziale Netze den arabischen Frühling begünstigten, Fukushima den deutschen Atomausstieg besiegelte und Inception bei den Oscars abräumte, kam auch die Revolution für die GIF-Animation: Die sich ausbreitende Meme-Kultur brauchte mehr als nur Standbilder.

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In den kurzen Animationen lässt sich weit mehr vermitteln als in nur einem Bild. Wer könnte Langweile besser Ausdrücken, als Hillary Clinton bei der Anhörung zu Bengasi? Wer zeigt die Freude am Tanzen besser als Groot? Und wer sagt schöner Bingo als Hans Landa? Die kleinen Schnipsel sind so erfolgreich, weil sie Dinge auf den Punkt bringen: In ein bis zwei Sekunden Video kann man ein Gefühl oder einen Eindruck besser vermitteln als mit einem Foto. Dass GIFs auf jeder erdenklichen Plattform ohne App oder Player angezeigt werden können, ist mindestens genauso wichtig. In Zeiten, in denen der Flashplayer Web-Videos fest im Griff hatte und HTML5-Video noch ein feuchter Traum der Web-Entwickler war, konnte das GIF mit Plattformunabhängigkeit bestechen. Inzwischen sägt HTML5-Video wieder am Ast des GIF, denn die meisten GIFs die man im Web sieht, werden wieder in Videos konvertiert. Moderne Videocodecs sind schlicht viel effizienter, als die einst fortschrittliche LZW-Kompression – selbst bei kurzen Clips.

Ein steter Streit im englischen Sprachraum bleibt übrigens die Aussprache des Formats. Wird das G weich wie ein J gesprochen ([d͡ʒɪf]) oder hart ([gɪf])? Erfinder Steve Wilhite wird giftig bei dem Thema und bevorzugt die weiche Variante. Er sagt, bei der Namensgebung habe man an die amerikanische Erdnussbuttermarke Jif gedacht. Im deutschsprachigen Raum ist das zum Glück kein Problem. Das G ist hier hart.

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Das GIF hat sich vom hauseigenen Bildformat eines fast vergessenen Internetproviders zu einem Grundpfeiler der Netzkultur gemausert. Es ist überall. Jede Smartphone-Tastatur und jeder Chat und der was auf sich hält, bietet mittlerweile eine GIF-Suche um die Schnipsel direkt zu teilen. Das ist toll in den Momenten, in denen ein Emoji einfach nicht mehr reicht, um abzubilden was man vermitteln will. Selbst Facebook, das sich Jahre gegen die GIF-Invasion gewehrt hatte, gab 2015 den Widerstand auf. Da war Twitter schon längst mittendrin im Malstrom der Animationen. Das GIF ist Kultur- und Kommunikationswerkzeug. Es verbindet Pop- und Netzkultur miteinander wie keine andere Technik. Aus den Heerscharen von 8-Bit-Bauarbeitern sind Konserven des Zeitgeists geworden, aus kleinen wabernden Flaggen Kunstwerke und aus rotierenden Comic-Sans-Schriftzügen eine eigene Ästhetik. Party on! (mls)