"GIF it to me, Baby!" – 30 Jahre Graphics Interchange Format

Als kompakte Alternative zu den damaligen Bildformaten erblickte das Bildformat GIF 1987 das Licht der Welt. Es waren 30 bewegte Jahre, geprägt von Patentstreitigkeiten, gescheiterten Alternativen und einer kulturellen Revolution.

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"GIF it to me, Baby!" – Das GIF wird 30 Jahre alt
Lesezeit: 7 Min.
Von
  • Merlin Schumacher
Inhaltsverzeichnis

Das GIF wurde, so erstaunlich das sein mag, nicht im Internet geboren. Das Bildformat entstand bei Compuserve, dessen Kunden damals noch keinen Zugang zum damals noch rein akademischen Internet hatten – sie waren eingepfercht im Walled Garden der Compuserve-Angebote. 1987 entwickelte Compuserve-Programmierer Steve Wilhite das neue Dateiformat, das vor allen Dingen bunt sein sollte: Compuserve wollte ein Farbbildformat für die eigenen Download-Dienste. Bis dahin hatte der Online-Dienst nur ein Dateiformat für Schwarzweiß-Bilder in petto.

Am 15. Juni 1987 hat Compuserve die GIF-Spezifikation veröffentlicht. Die Möglichkeit, mit dem Format auch Animationen zu erzeugen, war zunächst nur ein unwichtiges Detail am Rande. Mit 8 Bit Farbe und 1 Bit Transparenz war das Graphics Interchange Format jedenfalls eindeutig für die Zukunft gerüstet. Die erste Version hörte auf den bescheidenen Namen "87a". Der große technische Vorteil des Formats und zugleich sein größter Haken, war die LZW-Kompression (Lempel-Ziv-Welch). Zwar senkte die Kompression einerseits die Download-Zeiten bei den damals noch üblichen 1200-Baud-Modems, war aber andererseits auch patentiert.

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Das Patentproblem fiel erst 1993 auf, als Patentinhaber Unisys sich bei Compuserve meldete und Lizenzgebühren verlangte. Im darauffolgenden Jahr einigten sich die beiden Unternehmen. Anschließend verlangte Unisys, dass alle anderen kommerziellen Nutzer des GIF-Formats ebenfalls Lizenzen kaufen. Unisys verlangte 0,45 Prozent des Verkaufspreises (jedoch maximal 10 US-Dollar) pro verkauftem "GIF/LZW-Produkt". Der allgemeine Ärger über Unisys' Forderung und Compuserves bereitwilliger Einigung befeuerte Bestrebungen zur Entwicklung von Alternativen wie PNG (Portable Network Graphics) und eines GIF-Formats ohne LZW-Kompression.

Der Grundstein für den – damals noch nicht absehbaren – Siegeszug des GIF wurde 1995 gelegt: Es war der Browser-Pionier Netscape und nicht Compuserve, der dem GIF die Schleife beibrachte. Das Bildformat hatte mit der zweiten Version 89a zwar gelernt, Frames zeitversetzt abzuspielen, aber nicht diese zu wiederholen. Der am 18. September 1995 erschienene Netscape Navigator 2.0 führte eine Erweiterung des GIF-Formates ein, mittels derer man Wiederholungen für Animationen festlegen konnte. War im frisch eingeführten Netscape Application Block (NAB) eine 0 eingetragen, lief das GIF in Schleife. Diese sollte sich nach und nach als wichtigste Eigenschaft des Bildformates erweisen: Steve Wilhite sagte mal, dass das GIF 1998 in der Versenkung verschwunden wäre, hätte Netscape die Animationsschleife nicht eingebaut.

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1999 begann Unisys auch Entwickler freier Software und sogar Privatpersonen für die reine Einbindung (!) von GIFs in Web-Seiten zur Kasse zu bitten. Das ganze kulminierte im "Burn all GIFs"-Day am 5. November 1999, an dem vor der Unisys-Zentrale demonstriert wurde. Die Zeiten hatten sich geändert: Unisys war der Buhmann und Compuserve inzwischen Teil von AOL. Aus 1200 Baud waren 768 kBit/s und aus Einwahlmodems ADSL-Anschlüsse geworden.

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Das Feld der Animationen im Internet dominierte (damals noch) Macromedias Flash-Player, denn der war vielseitiger und man musste keine Lizenzgebühren bezahlen. Das GIF spielte eine eher untergeordnete Rolle in einem Web voller Flash-Intros. Allenfalls als Hinweis auf der eigenen, noch im Aufbau befindlichen Geocities-Website durfte das GIF einen fleißigen kleinen Bauarbeiter präsentieren, der unermüdlich schaufelte. Meist wurde die Website trotz des steten Schaufelns kein Stück fertiger. Sammlungen von kleinen Flaggen auf Info-Websites von Unis, drehende Globen und hin- und her morphende Bilder – das war das Schicksal des GIF zur Zeit der expandierenden Dotcom-Blase.