Games Convention: Wii für Anfänger und Fortgeschrittene

Nintendos Gestensteuerung stellt Spieleentwickler vor neue Herausforderungen. Bloße Konvertierungen drohen dabei unterzugehen. Gute Spiele müssen speziell für die Konsole entwickelt werden, wie Beispiele von Activision, Electronic Arts und Ubisoft zeigen.

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Nintendo will mit der Wii-Konsole nicht nur die Steuerung von Videospielen erneuern, sondern auch anderen Entwicklern eine genügsame Plattform bieten, für die sich kostengünstig programmieren lässt. Einige Firmen versuchen nun, mit einfachen Konvertierungen von anderen Konsolen das schnelle Geld zu machen. Doch wenn das Spieldesign nicht von Anfang an auf die Gestensteuerung abgestimmt wurde, schlägt der Spaß an der neuartigen Steuerung schnell in Frust um.

So stülpen Activision und Electronic Arts ihren Wii-Launch-Titeln lediglich eine halbherzige Gestensteuerung über, belassen beim grundlegenden Design der Spiele jedoch alles beim alten. Auf der Games Convention in Leipzig zeigte Activision die Wii-Version von Tony Hawks Downhill, bei dem man mit dem Skateboard Bergabrennen fährt und ähnlich wie bei SSX unterwegs Kunststücke vollführen muss. Zur Steuerung nimmt man die Wii-Fernbedienung quer in die Hand, doch die bringt gegenüber normalen Gamepads keinerlei Vorteile, im Gegenteil: Der Bewegungssensor übernimmt lediglich die Funktion eines Analogsticks – nur dass er als solcher nicht ganz so präzise Lenkbewegungen erlaubt. Die Tricks steuert man weiterhin auf Tastendruck.

Electronic Arts führte die Wii-Versionen von Madden NFL und Need for Speed Carbon vor. Bei Madden kann man immerhin die Würfe mit der Fernbedienung nachvollziehen, je nach Stärke wird der Football als Lob oder schneller Direktpass gespielt. Mit dem zweiten Nunchuck-Controller muss man gleichzeitig die Laufrichtung der Spielfigur steuern, indem man ihn nach links oder rechts kippt. Da der Wii-Controller wesentlich freiere Bewegungen erlaubt, ist die Fehlerrate hier höher ,als wenn man Pässe mit einem simplen Knopfdruck spielen würde. Und so mancher Anfänger mag mit den zahlreichen Gesten überfordert sein, die für komplexere Spielzüge nötig sind. Die Wii-Steuerung ist hier nicht zugänglicher, sondern wesentlich schwieriger zu handhaben als ein normales Gamepad.

Need for Speed Carbon soll später mehrere verschiedene Steuerungsmöglichkeiten erlauben. Bei der Präsentation musste man mit der Fernbedienung in die Richtung zeigen, in die das Lenkrad drehen sollte. Zwar gewöhnte man sich nach einigen Runden daran, intuitiver oder genauer als bisherige Gamepad- oder Lenkradsteuerungen ist dies aber keinesfalls.

Wie man mehr aus Nintendos neuer Konsole herausholt, zeigte derweil Ubisoft. Erstmals zeigte der französische Publisher Rayman Raving Rabbids in Aktion. Dabei handelt es sich nicht etwa um ein Jump-and-Run, sondern um eine Sammlung von 70 bis 80 Minispielen, die in die Kategorien „Shooter“, „Dance“, „Racing“ sowie kurze Einzelaufgaben unterteilt ist. Da sich Rayman bei den Shooter-Einlagen automatisch bewegt, muss man lediglich mit der Fernbedienung auf die heranhoppelnden Hasen zielen, um sie mit einem Gummiansaugstutzen abzuschießen. Im Tanzspiel trommelt man mit Fernbedienung und Nunchuck einfach im Takt in der Luft. Bei den Einzelaufgaben muss man beispielsweise beim Hammerwerfen die Fernbedienung schnell drehen und dann nach vorne schleudern. Diese Spielchen sind so simpel, dass sie jeder sofort nahezu ohne Anleitung spielen kann. Ohne Wii-Steuerung wäre das Spiel, das Anfang 2007 erscheinen soll, wesentlich langweiliger.

Mit seinem Ego-Shooter Red Steel schafft es Ubisoft, den Spieler bereits nach wenigen Minuten Eingewöhnung in die Spielumgebung hineinzuziehen, und das trotz einer ziemlich verwaschenen und detailarmen Grafik. Die Verschmelzung mit der virtuellen Umgebung wirkt aufgrund der Gestensteuerung wesentlich intensiver als bei anderen Titeln mit detaillierterer Grafik. Besonders intuitiv verlaufen die beidhändigen Schwertkämpfe mit der Wii-Steuerung. Mit der rechten Hand schlägt man zu und mit der linken hält man schützend die Abwehrklinge hoch. Die Schießereien leiden allerdings unter dem Problem, dass man zwar sehr einfach Zielen und Feuern kann, es allerdings sehr mühselig ist, sich umzudrehen, wenn man von hinten angegriffen wird. Hier müssen die Leveldesigner die Umgebung so gestalten, dass dies möglichst selten nötig ist.

Neben diesen beiden Spezialentwicklungen für die Wii will Ubisoft aber auch über ein halbes Dutzend anderer Titel für die Wii-Konsole portieren, darunter den Shooter Far Cry. Ubisofts Präsident Yves Guillemot erläuterte gegenüber heise online: "Nur wenige Genres eignen sich für solche Portierungen. Mit Rennspielen und Shootern funktioniert es jedoch recht gut." Red Steel ergäbe aufgrund der Schwertkämpfe aber auf anderen Plattformen keinen Sinn, da sich diese kaum mit einem Gamepad umsetzen ließen.

Portierungen erlauben es dem Entwickler, einen wesentlich größeren Spielerkreis anzusprechen, wodurch man die Produktionskosten schneller wieder einspielt, da sich in der Regel 90 Prozent der Spieleinhalte gleichen. Wenn ein Spiel aber gesondert für die Wii-Konsole produziert werden muss, dann relativieren sich die vermeintlich geringeren Produktionskosten. "Die Entwicklungszeit, die wir vielleicht bei den weniger detaillierten Texturen gegenüber Xbox-360- und PS3-Titeln sparen, geht für die Tests und das Design der Steuerung wieder drauf", erklärte PR-Chef Niels Bogdan von Ubisoft. Ein erfolgreiches Spiel für die Wii-Konsole schüttelt man also nicht einfach aus dem Handgelenk.

Zur Games Convention 2006 siehe auch: (hag)