Gates-Rücktritt: Die Börse ist erfreut

Die Börsen reagierten mit Kurssteigerungen auf den Gates-Rücktritt; von Steve Ballmer wird ein besseres Konzept für die Post-PC-Ära erwartet.

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Von
  • Jürgen Kuri

Nicht euphorisch, jedoch sehr positiv nahmen die Börsen den Rücktritt von Bill Gates als CEO von Microsoft auf. In New York stieg der Kurs der Microsoft-Aktie am Freitag um fast 4,5 US-Dollar auf 112,25 Dollar. Am Donnerstag noch dümpelte das Papier teilweise bei knapp über 100 Dollar herum -- erst nach der Bekanntgabe des Gates-Rücktritt konnte die Aktie im nachbörslichen Handel einen Kurs von über 107 US-Dollar erreichen. An der Frankfurter Börse stieg die Microsoft-Aktie am Freitag um 8,75 Euro auf 108,5 Euro.

Offensichtlich trauen die Börsianer dem Gates-Nachfolger Steve Ballmer eher zu, Microsoft durch die Turbulenzen der Post-PC-Ära zu führen. Das Wall Street Journal kommentierte, es sei Ballmer und nicht Gates, der sich nicht nur mit dem Kartellprozess gegen Microsoft sondern auch mit neu auftauchenden Konkurrenten wie AOL Time Warner oder der zunehmenden Popularität von Linux auseinandersetzen müsse. "Ballmers Ernennung hilft, Microsoft in Zeiten großer Anspannung ein neues öffentliches Gesicht zu geben", meinte das Blatt. Ballmer habe sich ein Ansehen als Manager erhalten, der sein Ohr nah am Kunden habe, während sich Gates auf der anderen Seite um die Technik kümmere.

Analysten erwarten von Ballmer nun, Microsoft stärker auf die Herausforderungen des Internets einzustellen -- und auf die vom Netz der Netze ausgelösten Veränderungen, wie Benutzer mit Software und Computern umgehen. Gates soll zwar in seiner neuen Rolle als sogenannter Chief Software Architect "Windows revolutionieren", wie er selbst erklärte. Als Microsoft-Chef scheint er den Börsianern aber zu sehr mit dem klassichen PC, seinen Betriebssystemen und der zugehörigen Anwendungssoftware verbunden gewesen zu sein. Der Chef des Marktforschungsunternehmens Forrester etwa wirft Microsoft vor, bislang zu wenig innovativ gewesen zu sein. Der Konzern müsse sich neue Geschäftsfelder erschließen, da durch das Internet die Gewinnspanne für Software sinke.

Nicht zuletzt dürfte der gelernte Manager Steve Ballmer den Börsianern näher stehen als der teilweise als verschroben verschrieene Gates. "Wir halten Steve Ballmer für einen starken und fähigen Führer", kommentierte ein Analyst, der für die Microsoft-Aktie in naher Zukunft einen Kurs von 135 US-Dollar erwartet.

Symptomatisch für die Erwartungen an den neuen Microsoft-Chef erscheint nun die öffentliche Vorstellung von Windows 95. Der exaltierte Ballmer hüpfte damals zu "Start me up" von den Stones ausgelassen über die Bühne und riss die Massen zu Begeisterungsstürmen hin. Gates hingegen machte den Eindruck, er wisse nicht so recht, wie ihm geschieht: Verhalten klatschend stand er am Rande der Bühne. (jk)