Greenpeace zur Gaskrise: Steinkohleverstromung ist bitter, muss aber jetzt sein

Die Kohleverstromung sieht Greenpeace momentan als unumgänglich an. Allerdings sollte auf keinen Fall zusätzlich Braunkohle verfeuert werden.

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Greenpeace-Aktivistinnen und -Aktivisten protestieren im Zusammenhang mit Auseinandersetzungen um den Hambacher Forst.

(Bild: Greenpeace, Archiv)

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Steinkohlekraftwerke werden nun als Ersatz für die Verstromung von Erdgas nun aus dem Ruhestand geholt. Für die Umweltorganisation Greenpeace ein "bitterer, aber unumgänglicher Schritt", um die Stromversorgung aufrechtzuerhalten. "Um sich aus der politisch verschuldeten Abhängigkeit von Putins Gaslieferungen zu befreien, müssen Steinkohlekraftwerke kurzzeitig in die Bresche springen", sagte Karsten Smid, Klima- und Energieexperte von Greenpeace.

Die dadurch entstehenden zusätzlichen Emissionen müssten in den kommenden Jahren ausgeglichen werden, sagte Smid angesichts der geplanten Wiederinbetriebnahme von Steinkohlekraftwerken in Bexbach im Saarland und Heyden in Nordrhein-Westfalen. Braunkohlekraftwerke sollten aber "auf keinen Fall neu befeuert werden".

Russland liefert momentan über die Pipeline Nord Stream 1 etwa 20 Prozent der möglichen Kapazität. Bundestag und Bundesrat hatten im Juli beschlossen, dass Stein-, aber auch Braunkohlekraftwerke sowie Mineralöl verstärkt als Ersatz für Erdgas zur Stromerzeugung herangezogen werden können. Das gilt für Kraftwerke, die gegenwärtig nur eingeschränkt verfügbar sind, demnächst stillgelegt würden oder in Reserve stehen. Als Erstes kehrte das Kohlekraftwerk Mehrum ans Netz zurück.

"Die hohen Preise für Gas und Strom erzwingen einen sparsamen Umgang mit Energie und machen Wind- und Sonnenstrom konkurrenzlos günstig", sagte Smid. Mit einem Kohleausstieg im Jahr 2030 könne die Energiewende massiv vorangebracht werden, "ohne sozial schwächere Haushalte alleine zu lassen", sagte Smid. Das Ziel hat sich die neue Regierung in NRW im Juni dieses Jahres gesetzt. Die Energiebranche unterstützt derartige Ausstiegspläne der Bundesregierung, die Kohlekraftwerke sollen nur kurzfristig die Stromversorgung sichern.

Zur Atomkraft, über die in Deutschland zurzeit viel diskutiert wird, äußerte sich Smid nicht. Seine Organisation hatte vorige Woche noch einmal ihren Standpunkt verdeutlicht, die Laufzeiten der drei noch laufenden Atomkraftwerke in Deutschland nicht zu verlängern. Sie könnten den Gasverbrauch in Deutschland um knapp ein Prozent ersetzen. Dabei kritisierte Greenpeace die Grünen, die sich zu dem Thema noch nicht eindeutig positioniert hätten.

In Nordrhein-Westfalen wurden von Januar bis Juni dieses Jahres der 81 Prozent des Stroms mit Kohle erzeugt, meist Braunkohle. Erdgas hat einen Anteil von knapp 14, erneuerbare Energien knapp 3 Prozent. Das geht aus einer Mitteilung des Statistischen Landesamts NRW hervor. Bundesweit hatte Braunkohle im Jahr 2021 knapp 19 Prozent Anteil an der Bruttostromerzeugung, Steinkohle 9 Prozent. Mit erneuerbaren Energieträgern wurde knapp 40 Prozent des Stroms produziert.

(anw)