Hasso Plattner: "Herr Gates, reißen Sie diese Mauern ein!"

Der Firmengründer und Vorstandssprecher von SAP, Hasso Plattner, fand ungewohnt scharfe Worte für die Marketing-Praxis des Konkurrenten Microsoft. Anlässlich der Anwenderkonferenz Sapphire in Orlando, Florida, rief der sonst so zurückhaltende Software-Magnat Microsoft auf, endlich mit der systematischen Behinderung von Konkurrenzprodukten Schluss zu machen. In Anlehnung an Ronald Reagans Ausspruch in der Schlussphase des kalten Krieges wandte sich Plattner namentlich an den Chief Software Architect in Redmond: "Herr Gates, reißen Sie diese Mauern ein!"

Vordergründig muss Microsofts de-facto-Boykott der Programmiersprache Java zu Gunsten der eigenen Kreation C# als Beispiel für Plattners Vorwurf herhalten. Die Auslieferung etwa von Windows XP ohne Java-Unterstützung passt ebenso wenig zum inzwischen etablierten Industriestandard Java wie Microsofts frühere Anläufe, sich diesen Standard für die eigene Marktmacht unter den Nagel zu reißen, etwa durch eigenmächtige Erweiterungen und Weglassungen beim damals aktuellen Internet Explorer 4.

Auch wenn sich neben dem Java-Beispiel noch weitere Fälle von Microsoft-spezifischen Erweiterungen etwa des PPP-Standards bis zu den hauseigenen, ebenso dürftig dokumentierten Erweiterungen des Kerberos-Protokolls anführen ließen -- der wahre Grund für Plattners genervte Äußerungen dürfte woanders liegen. Mehr noch als die Sage Group, die derzeit mit ihren Ängsten vor einer Marktverzerrung hausieren geht, leidet SAP unter der Übernahme von Navision durch Microsoft. Auch wenn aus Walldorf bislang nur zu vernehmen war, die SAP-Entwickler nähmen Microsofts Engagement auf "ihrem" Markt nur als Ansporn auf -- der 20-prozentige Kursverfall der SAP-Aktie seit dem Bekanntwerden des Deals zeichnet ein deutlich anderes Stimmungsbild zumindest unter den Investoren. (hps)