Hello, I'm Macintosh – zum 35. Geburtstag des Mac

Seite 3: Apple kauft NeXT – und bringt Steve Jobs zurück

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Im Februar 1997 übernahm Apple für 429 Millionen Dollar NeXT Inc. hauptsächlich wegen NeXTstep inklusive aller Entwickler – und holte Jobs als Berater in das Unternehmen zurück. Sieben Monate später, am 16. September 1997, saß Steve Jobs endlich wieder im Chefsessel des von ihm einst mitbegründeten Unternehmens, nachdem Amelio vom Apple-Board gefeuert worden war.

1998: Das PowerBook G3 mit dem Codenamen "Kanga" war der erste Apple-Computer, der häufiger in Kinofilmen auftauchte.

Man darf es als Glücksfall werten, dass Jobs auf den völlig frustrierten britischen Apple-Designchef Jony Ive aufmerksam wurde.

Ive wollte eigentlich das Unternehmen schon verlassen, weil seine vorherigen Chefs kein Gespür für Design hatten. Doch Jobs überredete ihn zum Bleiben.

Der erste große gemeinsame Wurf von Jobs und Ive war der iMac, dessen öffentliche Präsentation am 6. Mai 1998 so sorgfältig geplant wurde wie die Vorstellung des ersten Apple Macintosh 14 Jahre zuvor. Jony Ive hatte mit dem halbdurchscheinenden Gehäuse aus Polycarbonat ein weithin sichtbares Zeichen gesetzt.

1998: Mit dem iMac läutete Steve Jobs nach seiner Rückkehr den Kurswechsel ein. Apple stand damals am Rand der Pleite.

Und auch technisch setzte Apple neue Akzente.

So suchte man im iMac ein Diskettenlaufwerk ebenso vergeblich wie die damals üblichen seriellen Anschlüsse für Drucker oder Modems. Stattdessen hatte sich Apple für die noch sehr wenig verbreitete USB-Schnittstelle entschieden und dem iMac ein CD-ROM-Laufwerk spendiert. Weiterhin gab es Ethernet sowie eine Modem-Buchse, die lediglich mit der Telefonkabel verbunden werden musste.

Der erste iMac kam im August 1998 zum Preis von 1299 Dollar auf den Markt und erwies sich trotz des technisch betagten System 8.1 als Verkaufsknüller. Allein in den ersten sechs Wochen wurden 278 000 Geräte verkauft. Ende 1998 waren es 800 000 – so schnell hatte sich noch nie ein Macintosh verkauft. Und Apple konnte mit dem iMac nicht nur alte Fans begeistern. Jeder dritte Käufer war ein Einsteiger, der noch nie zuvor einen PC besessen hatte. 12 Prozent der Kunden stiegen aus dem Windows-Lager um.

Der iMac G3 von 1998 (9 Bilder)

Fehlendes Diskettenlaufwerk beim ersten iMac nachrüsten? Mit etwas Lötgeschick kein Problem – auch wenn das Endergebnis nicht allzu ansehnlich ist.

Das iBook war dann quasi der "iMac zum Mitnehmen". Hier setzte Jony Ive eine durchaus kontrovers diskutierte modische Duftmarke: Die iBooks im schwungvoll gestalteten Polycarbonat-Gehäuse gab es in den Kombinationen "Tangerine" (Orange) und "Blueberry" (Türkisblau) mit Weiß.

Später kamen die Farbkombinationen "Graphite", "Indigo" und "Key Lime" dazu. Wegen seines Tragegriffs bekam das iBook wenig schmeichelhafte Spitznamen wie "Barbie-Handtasche" oder "Klodeckel".

1999: Apple-Chefdesigner Jony Ive setzte mit den bunten iBooks modische Akzente.

Bei der Bewertung der Technik gab es weniger Kontroversen: So punkteten die iBooks mit einem ausgeklügelten Energie-Management, das Akkulaufzeiten von bis zu sechs Stunden ermöglichte und das iBook automatisch in den Schlafmodus übergehen ließ, wenn der Anwender den Deckel zuklappte. Beides war revolutionär.

Mit dem iMac und den iBooks verblüfften Jobs und Ive jedenfalls gestandene Pioniere der Computerbranche. Nur Bill Gates, damals noch Microsoft-Chef, tat die neuen Macs als flüchtige Modeerscheinung ab. "Es gibt nun eine Sache, die Apple nun erreicht hat: die Führungsposition bei den Farben", spottete Gates. Die Absatzzahlen gaben der neuen Apple-Führung aber Recht.

1999: Mit dem Power Macintosh G3 verabschiedete sich Apple auch bei den Towern vom beige-farbenen Gehäuse.

Steve Jobs und Jony Ive feierten in dieser Phase aber nicht nur Triumphe, sondern mussten auch Rückschläge einstecken – nicht zuletzt, weil beide ihren Designeifer übertrieben. Im Juli 2000 stellte Jobs auf der Macworld im heißen New York den Power Mac G4 Cube vor.

Dieser Würfelrechner aus Acryl erschien wie eine verkleinerte Neuauflage des NeXT Cube, den Jobs nach seinem Rauswurf bei Apple hatte konstruieren lassen. Mit einer kaminähnlichen Konstruktion des Innengehäuses, durch die die erwärmte Luft nach oben abzog, konnte auf einen aktiven Lüfter verzichtet werden – obwohl im Innern ein mit bis zu 450 MHz getakteter PowerPC-Prozessor G4 für ordentlich Hitze sorgte.

2000: Bei Design-Fans ist der teure G4 Cube ein begehrtes Sammlerstück.

Jony Ive war es gelungen, die ästhetischen Vorstellungen seines Chefs perfekt umzusetzen, sodass der Würfel es schnell in das Museum of Modern Art schaffte.

Auch die technischen Daten wussten zu überzeugen. Dennoch geriet der Cube zum Flop. Mit einem Preis von 1799 Dollar war er vielen Apple-Kunden zu teuer. "Echte Schreibtischarbeiter wollten keine Skulptur, sondern ein Arbeitsgerät, und auf dem Massenmarkt ließ sich der gegenüber Rechnern mit vergleichbarer Leistung doppelt so hohe Preis nicht durchsetzen", lautet das Fazit von Jobs-Biograf Walter Isaacson.

Im Februar 2001 führte Apple neue iMacs ein, die sich äußerlich nur durch die Farben Indigo, Blue Dalmatian und Flower Power von ihren Vorgängern unterschieden. Allerdings waren diese iMacs mit CD-Brennern ausgestattet und wurden erstmals mit der iTunes-Software ausgeliefert. Die Anwender konnten CDs in ihren Mac stecken, Lieder sehr einfach in MP3-Dateien umwandeln, per iTunes ihre Lieblingsmusik zusammenstellen und wieder auf CD brennen.

Apple warb damals mit dem Slogan "Rip, Mix, Burn". Die Musikindustrie reagierte schockiert und warf Apple vor, zur Piraterie aufzufordern. Steve Jobs nahm die Vorwürfe billigend in Kauf. Er hatte zu diesem Zeitpunkt bereits den Marktstart des iPod im September 2001 vor Augen, der später zusammen mit dem iTunes-Store die Musikindustrie radikal verändern sollte.

2002: Beim Design der zweiten iMac-Generation ließ sich Jony Ive von den Sonnenblumen in Steve Jobs’ Garten inspirieren.

Im Frühjahr 2002 hatten sich Flachbildschirme rasant weiterentwickelt. Es war an der Zeit, sich vom Röhrenmonitor zu verabschieden. Diesmal hatten Ive und Jobs mit einem radikalen Designentwurf mehr Glück als beim G4 Cube – auch weil Apple bei der Preisgestaltung vorsichtiger blieb.

Inspiriert durch den Garten der Familie Jobs hatte Ive sich dazu entschlossen, den iMac wie eine Sonnenblume zu entwerfen. Der eigentliche Computer inklusive optischem Laufwerk wurde in einem halbkugelförmigen Fuß untergebracht, das Display an einem beweglichen Chromhals befestigt. Der iMac G4 erinnerte auch an die Figur Luxo Jr., eine Zeichentrick-Schreibtischlampe, die John Lasseter für Jobs’ Filmstudio Pixar animiert hatte.

Die Neuauflage des iMacs erwies sich nicht nur als Hingucker, sondern auch als ein kompletter PC mit hervorragender Softwareausstattung. Die Maschine wurde damals zwar noch mit dem veralteten System 9, aber parallel auch bereits mit dem neuen System Mac OS X ausgeliefert. Es beruhte auf NeXTstep – und endlich kamen überfällige Systemfunktionen wie Speicherschutz, präemptives Multitasking, Mehrbenutzerfähigkeit, ein erweitertes Speichermanagement sowie symmetrisches Multiprocessing (SMP) auf den Mac.

2003: Das iBook G4 bewarb Steve Jobs als digitalen Hub für Fotos, Musik und Video im Multimedia-Zeitalter.

Um die Rechner für die Zukunft fit zu machen, fehlte Jobs aber noch eine wichtige Komponente. Er sah schon bald nach seiner Rückkehr zu Apple einen Punkt gekommen, sich ernsthaft Gedanken über die Aussichten der PowerPC-Plattform zu machen. Außerhalb der von Apple verkauften Rechner gab es keinen Massenmarkt für diesen Chip. PowerPC-Versionen der Betriebssysteme Windows, OS/2 und Solaris waren bereits nach kurzer Zeit wieder vom Markt verschwunden.