Hintergrund: Das Aus für das Rabattgesetz

Das fast 70 Jahre alte Rabattgesetz und die Zugabeverordnung werden ersatzlos abgeschafft - nur wenige weinen ihnen eine Träne nach.

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  • dpa

Das fast 70 Jahre alte Rabattgesetz und die Zugabeverordnung werden ersatzlos abgeschafft. Das bestätigte am Freitag ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums. Vor dem Hintergrund des europäischen Wettbewerbs sei das Ministerium dazu gezwungen, sagte er. Das Rabattgesetz von 1933 begrenzt Preisnachlässe auf drei Prozent des Warenwerts. Durch die Streichung der Regelung sollen vor allem Wettbewerbsnachteile für deutsche Internet-Händler im elektronischen Geschäftsverkehr in Europa verhindert werden.

Wirtschaftsminister Werner Müller (parteilos) und Justizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) wollen den Angaben zufolge dem Bundeskabinett noch im Dezember einen gemeinsamen Referentenentwurf präsentieren. Der Entwurf solle vor Weihnachten vom Bundeskabinett verabschiedet werden.

Der Präsident des Bundesverbandes des Deutschen Groß- und Außenhandels (BGA), Michael Fuchs, nannte die geplante ersatzlose Abschaffung von Rabattgesetz und Zugabeverordnung "einen Befreiungsschlag für den überregulierten Wettbewerb in Deutschland". Die Gesetze wirkten sich bereits heute als Standortnachteil für die Bundesrepublik aus.

Der Hauptverband des Deutschen Einzelhandels (HDE) kritisierte die geplante Abschaffung beider Regelungen dagegen als "vorschnell und nicht zu Ende gedacht". Das Problem unterschiedlicher Regelungen im In- und Ausland könne nur in Brüssel durch eine Harmonisierung unter den EU-Ländern gelöst werden. Vor allem in Bezug auf zugaberechtliche Verordnungen brauche Deutschland jetzt keinen nationalen Alleingang, sagte der stellvertretende Hauptgeschäftsführer Stefan Schneider. Eine Zugabe wird kostenlos zu einer Ware oder Dienstleistung angeboten, wie etwa in Apotheken, um Kaufinteressenten anzulocken. Beim Fall des Rabattgesetzes und der Zugabeverordnung seien "erhebliche Wettbewerbsverzerrungen" zu erwarten, warnte der HDE.

Beim Verkauf über das Internet bringt das geltende Rabattgesetz deutschen Kaufleuten Nachteile. Denn bis 2002 müssen die EU-Staaten eine Richtlinie zum E-Commerce umsetzen, nach der jeder Anbieter in der EU nur an die Regelungen seines Herkunftslandes gebunden ist. Wettbewerber in anderen europäischen Ländern könnten dann höhere Rabatte gewähren und großzügig mit Zugaben werben. Auf Grundlage des Rabattgesetzes war es zudem den Internethändlern PrimusOnline und LetsBuyIt.com verboten worden, in Deutschland Mengenrabatte für Gemeinschaftskäufe über das Internet zu gewähren. Der Sprecher der Metro-Tochter PrimusOnline, Nils Hachen, begrüßte den Wegfall des Gesetzes. Es habe das Unternehmen bei der Ausübung des Geschäfts stark behindert: "Wir haben zwar damit gerechnet, dass das Rabattgesetz fällt, aber nicht so schnell."

BGA-Präsident Fuchs rechnete nicht damit, dass es nach dem Fall des Preisnachlass-Gesetzes verdeckte oder offene Preiserhöhungen geben werde. "Mondpreise wird es auf unserem Planeten nicht geben", sagte er auf dem Unternehmertag in Berlin. Der Handel werde weiterhin "eine verantwortungsbewusste Preisgestaltung garantieren".

Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion unterstützte die Pläne zur Abschaffung des Rabattgesetzes. "Eine bloß ersatzlose Streichung kann aber nicht die Lösung sein", sagte der Wettbewerbsexperte Hartmut Schauerle. Auf EU-Ebene müssten einheitliche Mindestniveaus für fairen Wettbewerb geschaffen werden, um vor allem Mittelständler zu schützen. Die FDP begrüßte die Initiative der Regierung als überfällig. Die Liberalen hatten bereits in einem eigenen Gesetzentwurf die ersatzlose Abschaffung der Regelungen gefordert. (dpa) / (jk)