Hunderttausende zu Protesten gegen die Freihandelsabkommen Ceta und TTIP erwartet

Erfüllen sich die Erwartungen der Veranstalter, wird es schon in Hamburg mit 30.000 Teilnehmern eine der größten Demonstrationen der vergangenen Jahre. Auch in Berlin, Frankfurt, Köln, Leipzig, München und Stuttgart gibt es Demos.

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TTIP
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  • dpa

Es soll einen der größten Demonstrationen der vergangenen Jahre in Hamburg werden: Bis zu 30.000 Teilnehmer erwarten die Veranstalter am Samstag bei ihrem Protest gegen die geplanten Freihandelsabkommen der EU mit Kanada und den USA.

Insgesamt wollen die Organisatoren Hundertausende auf die Straße bringen. "Wir hoffen, bundesweit auf mehr als 250.000 Teilnehmer zu kommen", sagte Roland Süß von Antiglobalisierungsbündnis Attac Deutschland. Die Veranstalter haben am Samstag in sieben deutschen Städten zu Demonstrationen aufgerufen. Allein in Berlin rechnen sie mit 80 000 Teilnehmern. Neben Berlin und Hamburg finden Demos in Frankfurt, Köln, Leipzig, München und Stuttgart statt.

Nach Ansicht der mehr als 30 als Veranstalter auftretenden Nichtregierungsorganisationen sind Ceta und TTIP eine Gefahr für Demokratie, Umwelt, Kultur und Arbeitnehmer. Die Gegner setzen kurz vor dem entscheidenden Treffen des EU-Handelsministerrats in Bratislava stattdessen auf einen "fairen Welthandel".

Das Abkommen Ceta mit Kanada steht kurz vor der Unterzeichnung, ist aber auch in der SPD von Bundeswirtschaftsminister und Parteichef Sigmar Gabriel umstritten.

Am Montag wollen die Sozialdemokraten bei einem Konvent in Wolfsburg entscheiden, ob sie den Vertrag mittragen. Er gilt als Blaupause für TTIP. Dieses hatte Gabriel kürzlich für "de facto gescheitert" erklärt, für Ceta setzt er sich dagegen wie auch Hamburgs Bürgermeister und SPD-Vize Olaf Scholz ein. Gabriel braucht ein mehrheitliches Ja der Delegierten als "Mandat" für den EU-Handelsministerrat am 22. und 23. September.

"Wir sind überzeugt, dass der Welthandel, so wie er jetzt stattfindet, ungerecht ist", sagte Hamburgs DGB-Vorsitzende Katja Karger. Die kanadische Regierung habe bei Ceta zwar schon nachgebessert. "Aber nichtsdestotrotz müssen wir feststellen, dass wesentliche Forderungen bestehen bleiben." Karger zählte dazu den Verzicht auf Sondergerichte für Investoren, die Übernahme aller Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation ILO und den Schutz der öffentlichen Daseinsvorsorge vor Privatisierung.

Hamburgs BUND-Geschäftsführer Manfred Braasch warnte im Falle eines Abschlusses der Ceta- und TTIP-Abkommen vor dem Einsatz der in Europa bislang verpönten Gentechnik in der Landwirtschaft. Unter Hinweis auf die schlechten Erfahrungen Hamburgs lehnte auch er externe Schiedsgerichte ab. So habe der Energiekonzern Vattenfall ein solches Gericht bei der Genehmigung des Kohlekraftwerks Moorburg genutzt. "Allein das erpresserische Potenzial so eines Abkommens hat dazu geführt, dass Hamburg die Umweltauflagen für den Betrieb dieses Kraftwerks zurückgefahren hat."

"Ceta erklärt (...) unsere Leitplanken, die wir in der sozialen Marktwirtschaft haben, plötzlich zu Handelshemmnissen", sagte Helena Peltonen vom Verein Mehr Demokratie. Es verlagere demokratische Rechte der Parlamente auf supranationale, nicht legitimierte und auch nicht kontrollierbare Ausschüsse. "Das gefährlichste an Ceta und ähnlichen Abkommen ist: sie sind völkerrechtlich bindend." Seien sie erst einmal in Kraft, ließen sie sich praktisch nicht mehr kündigen. Für die globalisierungskritische Organisation Attac sind Ceta und TTIP Etikettenschwindel: "Beide Abkommen sind im Kern keine Handelsabkommen, sondern dienen in erster Linie dem Schutz von Investoren und der Renditesteigerung transnationaler Konzerne."

[Update 14.09.2016 16:04]:

Erwartete bundesweite Teilnehmerzahlen und für die Demonstration in Berlin ergänzt, Überschrift dementsprechend angepasst. (mho)