Hynix will weniger Speicherchips produzieren

Das Überangebot an Speicherchips beschert PC-Besitzern günstige Preise; die Hersteller befinden sich in einem ruinösen Wettkampf.

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Der harte Preiskampf bei den Speicherchips hat PC-Besitzern sensationell günstige Preise für Speichermodule beschert. Für die Hersteller von Speicherchips ist dieser Trend ein ruinöser Wettkampf. Eine Analyse von Dataquest kommt zu dem Schluss, dass der Preisverfall, rund 80 Prozent im Verlauf der letzten 12 Monate, auf das zögerliche Wachstum der PC-Verkäufe bei gleichzeitig hohen Lagerbeständen zurückzuführen sei. Die DRAM-Industrie werde im laufenden Jahr den stärksten Rückgang ihrer kurzen Geschichte zu verkraften haben. Die Umsätze gingen von 31,5 Milliarden US-Dollar um 55,5 Prozent auf 14 Milliarden US-Dollar zurück. Bei Spotmarkt-Preisen von unter 2 US-Dollar pro 128-MBit-Chip und Vertragspreisen von unter 3 US-Dollar würden die meisten Speicherchip-Firmen noch bis in das Jahr 2002 hinein Verluste schreiben.

Die Krise im Speichermarkt hat Hersteller wie Infineon bereits voll erfasst. Auch der größte US-Speicherchiphersteller Micron meldet für das Ende Mai abgelaufene Quartal Verluste in Höhe von 301 Millionen US-Dollar, worin 260 Millionen US-Dollar Abschreibungen für unverkäufliche Lagerware enthalten sind. Im Rekordjahr 2000 haben viele Hersteller Geld in neue Speicherfabs gesteckt, um auf den größeren 300-mm-Wafern mehr Chips mit verkleinerten Strukturgrößen fertigen zu können. Die neuen Fertigungstechniken sind zwar kostengünstiger als die alten, steigern aber das derzeitige Überangebot.

Hynix, die frühere Hyundai Electronics, kündigte nun an, die Produktion von DRAMs mit Strukturen größer als 0,18 µm einzustellen. Das beträfe etwa 20 Prozent des aktuellen Ausstoßes, was wiederum rund vier Prozent vom Weltmarkt entspräche. Nach Einschätzung von Hynix beträgt das Überangebot zurzeit zwischen fünf und acht Prozent. Dataquest zufolge produzieren die Hersteller Samsung, Hynix, Elpida, Micron und Infineon etwa 80 Prozent aller weltweit verkauften Speicherchips. Eine echte Preisstabilisierung sei nur möglich, wenn alle Hersteller die Produktion drosselten.

Der Vorstoß von Hynix hat aber Signalwirkung, denn die Hyundai-Halbleitersparte gilt als eine wesentliche Triebfeder des aktuellen Preiskampfes. Hyundai hatte nach der Asienkrise 1999 die angeschlagene LG Semicon übernehemen müssen. Seitdem schlitterte Hyundai immer tiefer in eine Schuldenfalle und wurde mit immer neuen Krediten der Öffentlichen Hand über Wasser gehalten. Hyundai verkaufte DRAMs zu Kampfpreisen, um den Deckungsbeitrag zur Tilgung der Schulden zu erwirtschaften.

Seit einiger Zeit kämpft Hynix mit Umstrukturierungsplänen gegen den Schuldenberg an; die Sparten CRT-Monitore, Satelliten, Elektronik-Service und PC-Herstellung wurden bereits in eigenständige Gesellschaften ausgelagert. Die Bereiche Telekommunikation und LCD-Displays sind mittlerweile ebenfalls abgespalten. Kürzlich konnte man auch noch ausstehende 42 Millionen US-Dollar aus dem bereits 1998 erfolgten Verkauf der Anteile am angeschlagenen Globalstar-Satellitenprojekt eintreiben.

Bisher versuchten die DRAM-Hersteller über immer niedrigere Preise ihren eigenen Marktanteil zu steigern und so ihre Produktionskapazität besser auszulasten. Micron bietet etwa seit Mai DDR-SDRAM-Module zum selben Preis wie die üblichen PC133-DIMMs an. Die höhere Auslastung soll dann die Verluste begrenzen, denn die fixen Kosten sind bei der Halbleiterherstellung hoch. Diese Strategie ging zumindest bei Micron nicht auf: Weil die Preise um 35 Prozent fielen, konnte auch eine Absatzsteigerung von 20 Prozent, gemessen in Megabit, einen Umsatzrückgang der Halbleitersparte im dritten Geschäftsquartal 2001 um 24 Prozent im Vergleich zum vorangegangenen Quartal nicht verhindern.

Nach einer Analyse von SiliconStrategies.com verfolgen die DRAM-Konkurrenten mit der Preisspirale auch eine Verdrängungsstrategie. Demnach wollen Micron und Samsung die Produktion keineswegs drosseln, sondern weitermachen, bis eine Marktbereinigung eintritt. Dafür gibt es Beispiele aus früheren Krisenzeiten: Texas Instruments verkaufte etwa vor einigen Jahren die komplette DRAM-Fertigung an Micron.

Die aktuellen Marktführer, die über 80 Prozent des Marktes beliefern, haben allerdings allesamt relativ moderne Fabriken, in die ständig große Investitionssummen fließen. Daher sei schon aus betriebswirtschaftlichen Gründen nicht mit dem Ausstieg eines größeren Anbieters aus dem DRAM-Geschäft zu rechnen. Nach Einschätzung von SiliconStrategies.com steht kurzfristig keine Konsolidierung der Speicherpreise ins Haus. Für die kleineren Anbieter, die sich vor allem in Taiwan konzentrieren, wird die Luft allerdings dünner. Firmen wie ESMT, Mosel Vitelic, Nanya, ProMOS, TwinMOS, Vanguard und Winbond haben aber häufig ein Standbein in speziellen Marktsegmenten, etwa bei Grafikkarten. (ciw)