ITU will die digitale Kluft schließen

Der neu gewählte Generalsekretär Hamadoun Touré schilderte zum Abschluss der ITU-Hauptkonferenz die Ziele für seine Amtszeit. Dazu gehört auch ein internationales Abkommen zu Cybersecurity und Spam.

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Von
  • Monika Ermert

Die International Telecommunication Union (ITU) will keineswegs das Internet oder dessen Management übernehmen, sagte deren neu gewählter Generalsekretär Hamadoun Touré auf Fragen von Journalisten zum Abschluss Hauptkonferenz der ITU-Delegierten (Plenipotentiary Conference) in Antalya. Als Kernaufgaben, die er in seiner zunächst vierjährigen Amtszeit vor allem angehen wolle, nannte Touré vielmehr das Schließen der digitalen Kluft und ein internationales Abkommen über Cybersecurity und Spam.

Das Mandat für beide Aufgaben leitet sich für die ITU aus Sicht von Touré aus den Beschlüssen des UN-Weltgipfels zur Informationsgesellschaft (WSIS) ab. Dort hatten internationale Regierungen vereinbart, bis 2015 jede Schule, jedes Krankenhaus und jedes Dorf ans Netz zu bringen. Dieses Ziel ist nach Ansicht Tourés nur durch eine gemeinsame Anstrengung aller Seiten zu erreichen. Er habe bereits in seiner Zeit als Direktor des ITU-Büros für Telekommunikation und Entwicklung die Position vertreten, dass der Entwicklungsbereich kein "Ghetto" für die Entwicklungsstaaten sein solle, sondern eine Plattform für den Erfolg von Entwicklungs- und Industrieländern. Lediglich zwei Prozent Penetration beim Netzanschluss bedeute 98 Prozent wirtschaftliche Chance, wobei Touré die meisten Chancen in Afrika sieht.

Auch für das zweite Kernthema, das globale Abkommen zu Spam und Kriminalität im Cyberspace, sei die internationale Zusammenarbeit der verschiedenen Interessengruppen unabdingbar. "Niemand kann das im Alleingang machen", meinte Touré. Die ITU, die älteste UN-Organisation überhaupt, sei mit ihrer breiten Mitgliedschaft und dem althergebrachten Konsensprinzip besonders geeignet, ein solches Abkommen voranzubringen.

Am Konsensprinzip gescheitert ist allerdings die Budgetplanung für die Union. Die Verabschiedung des Budgets wurde bis zur nächsten Sitzung des ITU-Rates verschoben. Bis zum nächsten September will Touré dem Rat einen ausgeglichenen Budgetansatz vorlegen. Dann soll auch diskutiert werden, ob die rund 700 ITU-Mitgliedsfirmen mehr bezahlen sollten. Zahlreiche Ländervertreter warnten davor, den Beitrag der Firmen von einem Fünftel auf ein Viertel des Beitragssatzes zu erhöhen. Langfristig, so hatte ein deutscher Vertreter in der Diskussion gesagt, werde man dabei verlieren, wenn die Unternehmen der ITU den Rücken zukehrten. Beschlossen werden könne die Erhöhung, so ein Experte, aber nur durch die Plenipotentiary Conference. Leicht erhöht wurde jetzt schon einmal die Beitragseinheit, die als Grundlage für die Berechnung der Beiträge auch auf die Unternehmen durchschlägt.

Touré hielt dagegen, es gehe bei den Unternehmen lediglich um bescheidene Mehrbeträge von 3000 bis 7000 Euro. Das werde sie nicht abschrecken, da sie den Wert der ITU schätzten. Die ITU sei alles andere als eine schwerfällige Bürokratie, vielmehr sei sie im Standardisierungsprozess heute fast zu schnell für manche Unternehmen. "Mancher Standard wird innerhalb von zwei Monaten verabschiedet." Allerdings räumte er ein, man könne die Mitglieder erst dann guten Gewissens zur Kasse bitten, wenn man die eigenen Hausaufgaben gemacht und nach Möglichkeiten zur effizienteren Nutzung der Mittel gesucht hätte. Dabei dürfte die neu beschlossene Gruppe "Management und Budget" von einiger Bedeutung sein. Sie soll laut Beobachtern zwischen den jährlichen Ratssitzungen eine Aufsichtsfunktion übernehmen.

Zum Streitthema der Rolle der ITU in den Fragen des Internet und der Domainverwaltung nannte Touré gegenüber heise online in erster Linie die Länderdomains, bei denen man die Stärken der ITU einbringen wolle. Dabei gehe es darum, die Entwicklungsländer bei der Wahrnehmung ihrer Aufgabe im Bereich ihrer ccTLD zu unterstützen. Generell bliebe es Aufgabe der ITU, einen Beitrag zum Wachstum des Internet zu liefern, und da das Internet auf Telekommunikationsplattformen laufe, "ist es ein Muss, dass beide Gemeinschaften zusammenarbeiten". Es gehe nicht um eine Übernahme durch die ITU, sondern darum, alle Interessengruppen aufzurufen, sich am Management des Internet zu beteiligen.

Die ITU selbst werde sich in den nächsten Jahren ebenfalls öffnen, so Touré. Schon jetzt sei die Teilnahme von Telekommunkationsfirmen an den Entscheidungsprozessen und an der Finanzierung gegeben. Die Teilnahme von Nichtregierungsorganisationen wird allerdings erst einmal vorsichtig diskutiert und in einer Studie untersucht. "Dies bezieht sich auf die Gruppen, die nichts mit der Telekommunikation zu tun haben", sagte Touré auf die Frage, ob man damit die Öffnung nicht weit in die Zukunft verschoben habe.

Zur Hauptkonferenz der International Telecommunication Union siehe auch:

(Monika Ermert) / (anw)