Im Gigapixel-Rausch

Seite 5: Aus 2D mach 3D

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HD View zeigt in Windeseile ein gigantisches Panorama an und zoomt stufenlos hinein, ohne dass der Zuschauer auf das Bildmaterial warten muss.

Aus zweidimensionalen Fotos eine dreidimensionale Umgebung zu basteln nennen die Entwickler image-based Modeling. Unter anderem nutzt die Technik die in den EXIF-Daten eines Fotos gespeicherte Brennweite des verwendeten Objektivs. Bei den Synths kommen Fotos zusammen, die mit unterschiedlichen Kameras und Objektiven aus jedem erdenklichen Winkel aufgenommen wurden. Photosynth rekonstruiert aus den Bildern Informationen über die relative Position und Orientierung des Bildes sowie der Kamera, die es aufgenommen hat.

Die Algorithmen hinter der angetäuschten 3D-Fassade arbeiten in drei Schritten: Zunächst suchen sie in den Bildern Merkmalspunkte, anschließend ordnen sie die in jedem Bild gefundenen Punkte einander zu und schließlich rekonstruiert ein Verfahren namens „structure from motion“ die ursprüngliche Position der Kamera. Der besondere Charme der Photosynth-Technik besteht zum einen in der intuitiven Nutzung, die sich natürliche Gegebenheiten wie die dreidimensionale Anordnung der Objekte zunutze macht, aber auch darin, dass eine Fotosammlung vollautomatisch verarbeitet werden kann.

Hinter Photosynth steckt der Bildbetrachter Seadragon und dessen Fähigkeit, große Fotosammlungen schnell und geschmeidig anzuzeigen. Auch er nutzt aus Kacheln zusammengesetzte Bildpyramiden für alle anzuzeigenden Bilder. Die Anzahl der einzelnen Bilder oder deren Größe spielt für Seadragon keine Rolle. „Es dauert nicht länger, eine Sammlung von hundert 100-Megapixel-Bildern zu öffnen als dasselbe mit einem 1- Megapixel-Bild zu tun“, sagt Alex Daley, Group Product Manager für Photosynth bei Microsoft. Die Performance soll einzig vom Verhältnis der Bildschirmgröße zur Bandbreite der Datenübertragung abhängen. Demnach braucht ein mit 40 KBit/s angebundenes Mobiltelefon mit einem Winzlings-Display ebenso lange zur Darstellung wie ein mit einem MBit/s angebundener Rechner mit einem großen Monitor.

Weiterhin verspricht Daley, dass Übergänge von der Totalen zum Detail „weich wie Butter“ erscheinen, während andere Systeme beim Wechseln von einer zur nächsten Auflösung Übergangsbilder zeigten. Seadragon nutzt unterschiedliche Threads zum Laden, Skalieren und Anzeigen der Bilder sowie zum Überblenden verschiedener Auflösungsstufen. Zusätzlich aktualisiert der Viewer die Bilddaten immer in der Bildmitte zuerst, um die Illusion augenblicklicher Rückmeldung zu unterstützen. Seit Kurzem lässt sich die Seadragon- Technik via Silverlight für eigene Webseiten verwenden, allerdings müssen potenzielle Nutzer auf die 3D- Fähigkeiten von Photosynth verzichten.

Mit der Freeware Deep Zoom Composer lassen sich Bildersammlungen zusammenstellen, in die man per Silverlight-Plug-in stufenlos hineinzoomen kann.

Die kostenlose Software Deep Zoom Composer von Microsoft befähigt jeden Hobbyfotografen dazu, selbst gestitchte Fotos mit einer Seitenlänge von bis zu 15.000 Pixeln oder Fotosammlungen schnell im Web-Browser zu verarbeiten. Im Editor platziert man die Bilder so, wie sie später auf der Seite erscheinen sollen, und exportiert das Ganze für Silverlight. Mit dem passenden Plug-in können Besucher der Webseite per Mausklick oder Scrollrad weich in die Bilder herein- und mit gedrückter Shift- Taste und Mausklick wieder herauszoomen. Keines der Projekte kann bisher eine kommerzielle Anwendung vorweisen. Sie zeigen aber auf beeindruckende Weise das Potenzial, welches in digitalen Fotos steckt. Für den Nutzer verschwimmt beim Spielen mit HD View, Photosynth und Co. die Grenze zwischen Foto, Video und Spiel, während er interaktiv durch die Bilddaten fliegt. Nie war das Betrachten von Bildern dynamischer.

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