Infrastruktur für autonomes Fahren: Zahlt der Staat am Ende für den 5G-Ausbau?

Seite 2: SPD warnt vor versteckten Mehrkosten

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Der Verkehrsexperte der SPD-Bundestagsfraktion Gustav Herzog Herzog wies außerdem gegenüber heise online auf ein bislang wenig beleuchtetes Problem hin: "Die Straßeninfrastruktur, also smarte Ampelanlagen, vernetzte Verkehrsleitsysteme und funkende Eisenbahnschranken könnte zum Kostenfaktor für die öffentliche Hand werden, wenn sie über WLANp oder Mobilfunk arbeiten." Denn die Mehrkosten zu heutiger Technik bestünden anteilig auch aus Patent- und Lizenzkosten. Herzog: "Wie viel teurer 5G-Ampeln im Vergleich zu heutigen werden, kann ich nicht einschätzen, doch heutige Ampeln funken ja bereits über WLANp-Standard."

Es gebe für die Straßenbetreiber keinen Zugzwang, so Herzog, ihre die Beschaffung auf den Mobilfunkstandard umzuschwenken, die Fahrzeuge der Zukunft würden sowohl über WLANp als auch über Mobilfunkstandards miteinander und mit der Umgebung kommunizieren. Die Automobilindustrie hat mit WLANp einen ausgereiften Standard für die Kommunikation des automatisierten Fahrens entwickelt, der jetzt mit dem VW Golf 8 zum Massen-Rollout kommt. Gleichzeitig stellt die Mobilfunkindustrie LTE-V2X beziehungsweise 5G-V2X als notwendig, ja sogar als besser für das automatisierte Fahren dar – und WLANp als "veraltet".

Die Analysten von Analysys Mason erarbeiteten überdies mehrere Modelle, wie sich Mobilfunkbetreiber im 5G-Markt am profitabelsten aufstellen könnten. Demnach können sich die Betreiber in einem "kollaborativen ITS/5G-Modell" Zugang zur Infrastruktur von C-ITS (Cooperative Intelligent Transport Systems) verschaffen, also der Vernetzung von Fahrzeugen und Verkehrsinfrastruktur. Diese wurden mit Blick auf Sicherheitsaspekte im kostenfreien 5,9-GHz-Frequenzband weitgehend aus Steuermittel aufgebaut.

In der Studie wird daher den Mobilfunkbetreibern empfohlen, zunächst ihre eigenen Mobilfunkinfrastrukturen in Straßennähe zu nutzen, die sie dann in einem zweiten Schritt möglichst kostensenkend gemeinsam mit anderen Mobilfunkbetreibern betreiben. Bevor sie neue, eigene Infrastruktur aufbauen, sollen sie dann die zu einem späteren Zeitpunkt verfügbare ITS-Infrastruktur (wieder)verwenden dürfen. Dieses Nutzungsmodell als das profitabelste bewertet, weil es die Investitionskosten auf die öffentliche Hand verlagert.

Vor diesem Hintergrund könnte die aktuelle Diskussion gesehen werden, dass der Staat an unterversorgten Standorten die Infrastruktur errichten solle, die dann von mehreren Netzbetreibern genutzt werden könnte. "Der Bund zahlt hier gar nichts, vielmehr hat er 6,6 Milliarden Euro eingenommen, die er für den Breitbandausbau und den Digitalpakt Schule wieder reinvestiert", betont Gustav Herzog. Die Mobilfunkstrategie mit der Förderung von 5.000 Standorten habe nicht Straßen im Fokus, sondern unter- und nicht versorgte Gebiete, die auch zukünftig nicht marktgetrieben erschlossen werden. Denn dort wo der Markt versagt, so Herzog, habe der Bund eine Pflicht, um für gleichwertige Lebensverhältnisse zu sorgen.

Die Bundesnetzagentur, das Bundeswirtschaftsministerium sowie das Bundesverkehrsministerium äußerten sich zu dem "kollaborativen ITS75G-Modell" nicht. Die Bundesnetzagentur verwies allerdings auf ihr eigenes Papier zum Infrastruktur-Sharing|blank. Demnach hält sie es für unbedenklich, wenn Betreiber, die Frequenzen zugeteilt bekommen haben, mit anderen Netzbetreibern gemeinsame Netzinfrastrukturen nutzen. Sie könnten auch an andere Frequenzen übertragen und überlassen, um eigene Kosten beim Aufbau und Betrieb von Infrastruktur zu senken. Wenn es allerdings um die gemeinsame Nutzung knapper Frequenzressourcen gehe, müssten die Auswirkungen auf die wettbewerbliche Unabhängigkeit der Netzbetreiber im Einzelfall kartellrechtlich geprüft werden. (mho)