Insolventes DVD-Werk Dassow: Kommt ODS über den Umweg England zurück?

Im Insolvenzverfahren des DVD-Werks Dassow soll die britische Spin Group gute Karten für eine Übernahme haben. Hinter Spin stehen offenbar dieselben Personen, die das Werk in die Insolvenz führten. Auch der Betriebsrat wird inzwischen kritisiert.

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Von
  • Peter-Michael Ziegler

Im Insolvenzverfahren des CD- und DVD-Werks Dassow an der mecklenburgischen Ostsee zeichnet sich eine Rückkehr des bisherigen Eigentümers ab. Mehrere Quellen berichten unabhängig voneinander, Insolvenzverwalter Marc Odebrecht führe derzeit Schlussverhandlungen mit der britischen Spin Group. Nach Informationen des Hamburger Abendblatts gehört Spin zur ODS Business Services Group GmbH, einer Holding, hinter der wiederum der Unternehmer Wilhelm F. Mittrich steht, seines Zeichens langjähriger Geschäftsführer der jetzt zahlungsunfähigen DVD Dassow GmbH.

Mittrich hatte das Dassower Werk mit Millionenzuschüssen von Land und Bund binnen weniger Jahre zum größten Produzenten von CDs und DVDs in Europa aufgebaut. Kritiker warfen dem Unternehmen aber schon bald vor, die Möglichkeiten der Arbeitsmarktförderung über Gebühr auszunutzen. Der Vorwurf der Wettbewerbsverzerrung machte die Runde. Im Frühjahr 2006 durchsuchten Mitarbeiter der Staatsanwaltschaft Schwerin gemeinsam mit der Steuerfahndung und dem Zoll die Geschäftsräume auf dem Holmer Berg wegen des Verdachts des Steuer- und Subventionsbetrugs. Insgesamt sollen bis zu 100 Millionen Euro geflossen sein

Im vergangenen Jahr meldete die ODS-Holding trotz voller Auftragsbücher Insolvenz für das Werk an. Die Geschäftsführung erklärte, mit dem Schritt solle "eine sehr komplexe Restrukturierung unter den schwierigen Bedingungen von anhängigen Ermittlungsverfahren, Lizenzprozessen und Steuerprüfungen erfolgreich zu Ende gebracht werden". Insolvenzverwalter Odebrecht suchte unterdessen Käufer für das Werk und erklärte im Januar, die Konzepte von zwei potenziellen Kaufinteressenten sähen lediglich die Übernahme von maximal 500 Mitarbeitern vor.

Die Belegschaft sprach sich daraufhin mit 96 Prozent für die Bildung einer vom Land mit 4 Millionen Euro geförderten Transfergesellschaft aus, was zur Aufhebung der Arbeitsverträge mit dem bisherigen Arbeitgeber führte, aber die geplanten Massenentlassungen um vier Monate hinauszögerte. Obwohl Odebrecht die Namen möglicher Übernahmekandidaten bislang nicht öffentlich nannte, sickerte aus Verhandlungskreisen durch, dass zum einen die niederländische Media Motion an einem Kauf interessiert ist. Hinter dem Unternehmen steht der US-amerikanische Hedge-Fonds Lone Star.

Bei einer Demonstration der ODS-Belegschaft vor einer Woche in Dassow warnten Politiker, Gewerkschaftvertreter und auch Manager die an den Insolvenzverhandlungen Beteiligten jedoch eindringlich davor, Media Motion den Zuschlag zu erteilen. Das niederländische Unternehmen sei allein an lukrativen Produktionsrechten und Großkunden wie dem Hollywood-Studio Universal Pictures interessiert. Habe Media Motions erst den Vertrag, bedeute dies das endgültige Aus des Standortes Dassow, verdeutlichte der Landrat von Nordwestmecklenburg, Erhard Bräunig.

Der bessere Bieter sei die Spin-Gruppe, erklärte auch ODS-Betriebsratschef Jürgen Thiergart, dem allerdings klar sein müsste, dass er sich damit für den Wiedereinstieg der Pleitiers stark macht, mit denen er zuvor schon an einem Tisch gesessen hatte. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) wirft Thiergart und der Belegschaft in Dassow unterdessen vor, die vom Betriebsverfassungsgesetz eingeräumten Rechte nicht voll ausgeschöpft zu haben. Es sei ein Fehler, auf gewerkschaftliche Organisation zu verzichten. Der Betriebsrat habe versucht, die Gewerkschaft "bewusst draußen" zu halten, zitiert der NDR den Vorsitzenden des DGB Nord, Peter Deutschland. (pmz)