Intel kämpft angeblich mit weiteren Atom-Treibern

Bei Windows-8-Tablets drohen laut einem Medienbericht Verzögerungen mit den neuen "Clover-Trail"-Atoms, weil sich der Treiber für die neuartigen Stromsparmodi S0ix verspätet.

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Bei der Auslieferung von Atom-Z2760-Tablets drohen Verzögerungen, weil Intel einen Windows-Treiber für die neuartigen Energieverwaltungsfunktionen dieser Atoms nicht rechtzeitig fertig bekommen hat. Das meldet die Finanznachrichtenagentur Bloomberg. Deshalb könne Microsoft die Atom-Tablets nicht rechtzeitig gemäß den Windows 8 Hardware Certification Requirements freigeben. Bloomberg zitiert allerdings auch einen Intel-Sprecher, der die Verfügbarkeit von Clover-Trail-Tablets gleichzeitig mit dem Windows-8-Start in rund drei Wochen verspricht.

Bekanntlich hat die langjährige Partnerschaft zwischen Microsoft und Intel tiefe Risse bekommen. Deutliches Zeichen sind die versprochenen "Windows-RT"-Tablets mit ARM-SoCs statt x86-Prozessoren, von denen Microsoft mit dem Surface sogar ein eigenes Modell auf den Markt bringen will. Deshalb sind die x86-Tablets mit dem eigens dafür entwickelten "Clover-Trail"-Atom Z2760 für Intel höchst wichtige Produkte: Wie die ersten Android-Smartphones mit Atom Z2460 sollen sie dem Markt beweisen, dass die x86-Technik einerseits mit der Leistungsaufnahme von ARM-SoCs mithalten kann und andererseits Vorteile wie vergleichsweise hohe Single-Thread-Performance und – unter Windows – Kompatibilität mit vorhandener x86-Software bietet.

Zur Steuerung der CPU-Stromsparfunktionen S0ix braucht das Betriebssystem - hier Android - einen PMU-Treiber, den Intel zuliefert.

(Bild: Intel)

Falls es tatsächlich zu Verzögerungen wegen eines Treiberproblems kommt, ist das eine schwere Schlappe für Intel. Die Atom-Geschichte ist nämlich mit solchen Pannen gespickt. So hat Intel etwa mehrere Jahre und Atom-Versionen länger gebraucht als erhofft, bis eine SoC-Version des Chips – nämlich der Z2460 alias Medfield/Penwell – endlich in Smartphones zum Einsatz kam. Auch bei den Treibern hagelte es Probleme: Die von Imagination Technologies zugekaufte PowerVR-GPU, von der enge Verwandte etwa auch in iPhones, in vielen Android-Smartphones und im Windows-RT-Chip von TI stecken, bekam Intel weder unter Linux (PDF-Datei) noch unter Windows in den Griff. Unter Android kommen OpenGL ES und OpenVG zum Einsatz. Ursprünglich hatte Intel für die Cedarview-Atoms DirectX-10-Kompatibilität versprochen, bekam aber nach mehrjähriger Entwicklungsarbeit bisher nur einen DirectX-9-Treiber für 32-Bit-Windows 7 hin. Unter anderem wohl deshalb musste Microsoft für Windows 8 eigens eine 32-Bit-x86-UEFI-Version des Betriebssystems auflegen, die ausschließlich auf den Clover-Trail-Tablets zum Einsatz kommt. Allerdings sind auch die ARM-SoCs für Windows RT nicht 64-Bit-tauglich.

Das Zusammenspiel zwischen Android, Linux-Funktionen und PMU ist recht kompliziert.

(Bild: Intel)

Das aktuelle Treiberproblem könnte mit den neuen Energieverwaltungsmodi S0ix zusammenhängen, die mit Clover Trail erstmals unter Windows zum Einsatz kommen. Auch die 2013 erwartete Core-Generation Haswell wird S0ix unterstützen. Unter Android funktioniert S0ix schon, wie Intel-Mitarbeiter in einem Paper für das 2012 Linux Symposium erläutern (PDF-Datei). S0ix verspricht, die Leistungsaufnahme bei ruhendem, aber aktivem System drastisch zu senken, etwa um den Faktor 20. Dadurch sollen Tablets und Smartphones je nach Akku und RAM mehrere Wochen lang im Connected Standby mit einer Akkufüllung auskommen. Für ein Clover-Trail-Tablet mit 30-Wattstunden-Akku verspricht Intel 3 Wochen.

Windows (8) steuert die Energiesparfunktionen der CPU über einen spezifischen Treiber.

Bisherige Betriebssysteme können mit S0ix von sich aus nicht umgehen. Daher stellt Intel spezielle Treiber für die Power Manager Unit (PMU) bereit. Auch die Firmware – UEFI oder beim Z2460 SFI – muss für S0ix vorbereitet sein. Windows steuert die Energiefunktionen der jeweiligen Hauptprozessoren mit spezifischen Treibern, etwa amdppm.sys oder intelppm.sys. Diese liefert Microsoft aber bei Windows mit. Es kommt freilich vor, dass Prozessoren spezielle Energieverwaltungstreiber benötigen, seinerzeit etwa die AMD-Prozessoren mit Cool'n'Quiet unter Windows XP.

Die Implementierung von und Unterstützung für S0ix könnte auch der Grund sein, weshalb Intel auf dem IDF erklärt hatte, dass sich der Atom Z2760 nicht für Linux eigne. Die Autoren des erwähnten Papers erklären hingegen, Linux-Treiber seien im Prinzip vorhanden – allerdings bisher nur für (Android-)Systeme mit SFI und Z2460 beziehungsweise Z2480. (ciw)