Internet Archive: "Wir bauen unsere Verteidigungslinien aus"
Die Wayback Machine und die Open Library sind nach Cyberangriffen schrittweise wieder online gegangen. Jetzt wird die Resilienz der Dienste ausgebaut.
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(Bild: metamorworks / Shutterstock.com)
Brewster Kahle, Gründer des Internet Archive, hat einen Ausblick auf die Zukunft der von diversen Cyberangriffen gebeutelten gemeinnützigen Online-Plattform für die Sicherung des Weltkulturerbes gegeben. "Wir wissen nicht, warum diese Angriffe vor Kurzem begonnen haben und ob sie koordiniert sind", schreibt der Informatiker und Aktivist in einem Blog-Beitrag. "Aber wir bauen unsere Verteidigungslinien aus." Zentrale Dienste wie die beliebte Wayback Machine, mit der Nutzer sich alte Versionen von Webseiten ansehen können, Archive.org und die besonders umkämpfte Open Library seien "in der Woche nach den Cyberangriffen schrittweise" wieder ans Netz gegangen.
Man habe im Zuge der Restrukturierung auch neue Funktionen zum Einstellen von Beiträgen und Werken eingeführt, erläutert Kahle. Weitere würden in Bälde dazukommen. "Ein Großteil der Entwicklung in dieser Zeit konzentrierte sich auf die Sicherung der Dienste, damit sie auch bei anhaltenden Attacken weiterlaufen können", verweist der 64-Jährige auf die laufenden Bemühungen, das Portal resilienter zu machen. Das Internet Archive passe sich "einer feindseligeren Welt an, in der DDoS-Angriffe regelmäßig wiederkehren". Entsprechende Überlastungsversuche habe man etwa in den vergangenen Tagen wieder erlebt. Auch gegen "schwerwiegendere Attacken" wappne sich der Betreiber.
Firewalls und freie Software helfen
Die Plattform ist seit Anfang Oktober im Visier unbekannter Angreifer. Unter anderem war es diesen dabei gelungen, 30 Millionen Nutzerdaten von der Organisation zu erbeuten. Dahinter soll eine russische Gruppe von Cyberkriminellen stecken. Hinzu kamen DDoS-Angriffe und Verunstaltungen der Webseite. Mitte Oktober hatten Unbekannte offenbar Zugriff auf interne IT-Systeme und konnten darĂĽber massenhaft E-Mails verschicken.
"Unsere Reaktion darauf bestand darin, unsere Dienste abzusichern und von Freunden zu lernen", führt Kahle aus. Er wolle zu den Vorfällen "einige wichtige Erkenntnisse teilen, ohne so detailliert zu sein", um den Angreifern nicht zu helfen. "Durch die Verschärfung der Firewall-Technologien haben wir den Datenfluss durch unsere Systeme geändert", verrät der Macher. Ziel sei es, "die Überwachung und Kontrolle zu verbessern". Kehrseite: Diese Upgrades hätten auch prinzipielle Änderungen an der unterliegenden Software erzwungen, die teils schon "ziemlich alt ist". Andererseits seien die Überholungen "lange geplant" oder zumindest erwünscht gewesen.
Ego-Shooter neuer Teil des Archivs
"Die sich ständig verbessernden Instrumente der Freien- und Open-Source-Community sind eine große Hilfe, da sie kostenlos verfügbar sind und von großen Unternehmen ebenso wie von gemeinnützigen Bibliotheken genutzt werden können", berichtet Kahle. Die Probleme hätten mit Klagen von Buchverlagen wegen der Online-Ausleihe angefangen. Inzwischen sei auch die Musikindustrie wegen 78-rpm-Schallplatten vor Gericht gezogen, was "eine Belastung für unser Personal und unsere finanziellen Ressourcen darstellt". Der New Yorker hebt hervor: "Wir sind dankbar für die Unterstützung unserer Förderer über die sozialen Medien, durch Spenden und Hilfsangebote". Erst diese machten es lohnenswert, "weiterhin eine Bibliothek für uns alle aufzubauen".
Einen aktuellen Erfolg kann Kahle dabei verbuchen: Die frühen Ego-Shooter Unreal und Unreal Tournament sind jetzt kostenlos übers Internetarchiv beziehbar – mit der offiziellen Genehmigung des Herausgebers Epic Games.
(nie)