Investmentbank ließ WorldCom-Bosse am Börsensegen teilhaben

Manager und Verwaltungsratsmitglieder profitierten offenbar reichlich am Technologieaktien-Boom der späten neunziger Jahre.

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Je mehr die Ermittler im Skandalsumpf von WorldCom stochern, desto mehr kommt anscheinend ans Tageslicht. Nun berichtet die New York Times, dass Spitzenmanager und Verwaltungsratsmitglieder des US-Telekommunikationkonzerns von der Investmentbank Salomon Smith Barney in den späten neunziger Jahren Tausende von Aktien bei heißen Erstemissionen erhalten haben sollen. Dies gehe aus Dokumenten hervor, die von Salomon an einen Untersuchungsausschuss des Kongresses übergeben worden seien.

Der Kongressausschuss wollte Details der Salomon-Aktienzuteilungen bei Börsengängen an WorldCom-Manager und Verwaltungsratsmitglieder während des Technologieaktien-Booms der späten neunziger Jahre haben. Diese Wertpapiere schossen oft am ersten Tag des Handels dramatisch in die Höhe und brachten denjenigen enorme Gewinne, die sie bei der Erstemission kaufen durften und dann rasch wieder abstoßen konnten. Der Ausschuss wollte aber auch erfahren, welche Rolle der prominente frühere Telecomanalyst Jack B. Grubman bei der Zuteilung gespielt hatte.

In den von Salomon übermittelten Dokumenten wurden nach Angaben der Zeitung 39 Transaktionen mit WorldCom-Managern aufgeführt. Der Ausschuss sei besonders an Zuteilungen an den WorldCom-Gründer und ehemaligen Firmenchef Bernard J. Ebbers und an den ehemaligen Finanzchef Scott D. Sullivan interessiert. Vom Kongressausschuss liegt noch kein Kommentar vor.

Unterdessen erhärtet sich offenbar der Verdacht gegen den früheren Chef der WorldCom-Buchhaltung David Myers. Laut einem Bericht des Wall Street Journal liegen dem Kongress-Untersuchungsausschuss E-Mails vor, nach denen Myers einem seiner Mitarbeiter untersagt haben soll, Kontakt zur Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Arthur Andersen aufzunehmen. Steven Brabbs, so der Name des Mitarbeiters, der in einer Londoner Niederlassung arbeitet, habe Myers und den Wirtschaftsprüfern wachsende Zweifel an der Buchführung mitgeteilt.

Brabbs soll im März 2000 beobachtet haben, wie ein US-amerikanischer Kollege die Bilanz seines Bereichs um 33,6 Millionen US-Dollar geschönt hat. Auf seine Anfrage bei der US-amerikanischen Konzernmutter sei ihm mitgeteilt worden, die Änderung in den Bilanzen durch Verringerung der Kosten sei auf Anweisung von Finanzchef Scott D. Sullivan geschehen. Einen Monat später habe Brabbs seine Zweifel in einer E-Mail an den Finanzchef mit Kopie an Arthur Andersen mitgeteilt. Am 22. Januar 2002 soll Myers Brabbs in einer E-Mail nachdrücklich davor gewarnt haben, sich mit Wirtschaftsprüfern von Andersen zu treffen.

Myers wurde Anfang August verhaftet und gegen Kaution auf freien Fuß gesetzt. Ihm sowie dem ehemaligen WorldCom-CFO Scott D. Sullivan werden Wertpapierbetrug und Verschwörung vorgeworfen. Vor kurzem war bekannt geworden, dass eine WorldCom-Angestellte bereits vor drei Jahren das britische Handelsministerium auf betrügerische Finanzpraktiken hingewiesen hatte. (anw)