KI-Ampel in Essenbach verärgert Autofahrer

Rund drei Monate ist die KI-Ampel in Essenbach nun in Betrieb. Autos machen lieber einen großen Bogen um die Kreuzung. Verantwortliche bitten um Geduld.

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Die Ampelkreuzung, an der sich an der Seitenstraße Autos stauen

Gerade die Seitenstraßen haben wegen der KI-Ampel lange Rotphasen, beklagen Bürgerinnen und Bürger.

(Bild: Bayerisches Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr)

Lesezeit: 4 Min.
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Drei Monate nach ihrer Installation sorgt die erste von Künstlicher Intelligenz (KI) gesteuerte Ampel im bayrischen Essenbach (Landkreis Landshut) für Unmut bei den Bürgerinnen und Bürgern. Die verantwortliche Zentralstelle Verkehrsmanagement an der Landesbaudirektion Bayern entgegnet jedoch, die Ampel funktioniere, wie sie solle – nur sei das eben nicht, den Verkehrsfluss zu optimieren. Zudem benötige das System Zeit zu lernen.

Doch Autofahrer in Essenbach sind sauer. Bei einem Termin im Essenbacher Rathaus machen sie ihrem Unmut über die von KI gesteuerte Ampelsteuerung an Kreuzung Ahrainer Straße/Mirskofener Straße Luft, berichtet der Bayerische Rundfunk (BR). Die Ampel verzögere etwa Grünphasen: Obwohl auf der kreuzenden Straße kein Verkehr fließe, bleibe die Ampel für die Autos vor allem in den Seitenstraßen auf Rot und springe nicht um. Eine Bürgerin berichtete, sie plane seit der Installation der KI-Ampel mehr Zeit für ihre Wege ein – sei es zum Einkaufen, mit den Kindern oder zur Arbeit. Alternativ umfährt sie die Kreuzung auf Schleichwegen.

Die Ampel arbeite aber, wie sie soll, erklärt Stephan Stroh, Leiter des Verkehrsmanagements der verantwortlichen Landesbaudirektion. Er bittet um etwas Geduld, damit die hinter der Ampel stehende KI auch lernen könne, zitiert ihn der BR. Das habe das System auch bereits getan. Allerdings stehen im Fokus der Anlage weniger Autos und ein schnelles Überkreuzen der Straße, sondern vielmehr die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer – seien das Fußgänger, Radfahrer oder aber auch Einsatzfahrzeuge von Feuerwehr, Polizei und Rettungsdienst.

Für das Projekt verantwortlich zeichnen das Bayerische Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr und die Landesbaudirektion Bayern (ZVM), die die KI-Ampel mit einem großen Aufgebot am 8. April in Betrieb genommen hatten. Zur Einweihung kam auch Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU), der die "Ampel der Zukunft" und den Freistaat Bayern als "Vorreiter in Sachen technologischem Fortschritt" bezeichnet hatte.

Hinter dem System steckt – wie auch bei der KI-Ampel in Hamm – der KI-Anbieter Yunex Traffic. Das Unternehmen sah in der Kreuzung eine ideale Umgebung für die intelligente Ampel: nahegelegene Feuerwache, Radweg, gute Sichtverhältnisse für den intelligenten Abbiegeassistenten und Kollisionswarner. Das ermögliche, unterschiedliche Anwendungsfälle zu testen.

Die KI-Ampel dient in erster Linie der Sicherheit schwächerer Verkehrsteilnehmender.

(Bild: Bayerische Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr)

Das System der Ampel ist darauf ausgelegt, Unfälle zu vermeiden und den Verkehr an dieser Kreuzung sicherer zu gestalten. Einsatzkräfte können etwa dank des hybriden Systems Youtraffic Stream eine Grünphase anfordern, es gibt eine Warnlampe, die vor einem potenziellen Zusammenstoß warnt, wie er oft beim Rechtsabbiegen passiert, wenn ein Fahrrad weiter geradeaus fahren möchte und übersehen wird. Zudem erkennt die KI-Ampel über awareAI auch, wenn etwa Fußgänger mehr Zeit benötigen. So bleibt die Ampel etwa für Menschen mit eingeschränkter Mobilität, große Gruppen oder Kinder länger grün. Radfahrer bekommen außerdem einen Hinweis, ob sie schneller oder langsamer fahren müssen, um die nächste Grünphase passend zu erwischen.

Der Fokus auf Sicherheit ist an diese Stelle offenbar ungewohnt für den Autoverkehr. Eine Gesamtsteuerung mit KI sei zwar technisch möglich, habe aber noch keine rechtliche Grundlage, erklärt Stroh laut BR. Daher erfolge die – dennoch intelligente – Schaltung über bewährte Systeme wie Kameraerfassung und vordefinierte Schaltprogramme.

Autofahrer sind damit nicht zufrieden, macht auch der Bürgermeister Dieter Neubauer (CSU) deutlich. "Wer hier wohnt, versucht, die Ampel kreativ zu umgehen", zitiert der BR ihn. Ob es auch positives Feedback, etwa seitens Radfahrenden oder Fußgängern gab, wird aus dem Bericht nicht deutlich. Die finale Auswertung des Projektes soll nach einem Jahr erfolgen.

(are)