KI-Update kompakt: AI Act, Perplexity, Googles Gemma-2-2B, KI-Roboter Maximo
Das "KI-Update" liefert werktäglich eine Zusammenfassung der wichtigsten KI-Entwicklungen.
- Isabel GrĂĽnewald
- The Decoder
AI Act tritt in Kraft
Der AI Act ist mit dem 1. August 2024 in Kraft getreten, nachdem er am 12. Juli im EU-Amtsblatt veröffentlicht worden war. Das Gesetz reguliert grundsätzlich alle KI-Systeme und Modelle direkt in allen EU-Mitgliedsstaaten. Dabei kommt ein risikobasierter Ansatz zum Einsatz, der KI-Systeme in verschiedene Risiko-Klassen einsortiert, für die unterschiedliche Fristen und Regeln gelten.
Für die derzeit viel besprochene generative KI, welche unter die Kategorie General Purpose AI (GPAI) fällt, gibt es gesonderte Regelungen. Ein halbes Jahr nach Inkrafttreten werden die ersten Anwendungen mit einem unannehmbaren Risiko verboten, wie z.B. Social Scoring. Hoch-Risiko-KI-Systeme müssen ab dem 2. August 2026 bestimmte Vorgaben erfüllen. Die meisten KI-Systeme können jedoch ohne Auflagen entwickelt und genutzt werden.
Jeder EU-Mitgliedsstaat muss eine nationale Behörde zur Durchsetzung der Vorschriften stellen. Bei Verstößen drohen hohe Strafen von bis zu 35 Millionen Euro oder 7 Prozent des gesamten weltweiten Vorjahresumsatzes. Anbieter von GPAI müssen zudem sicherstellen, dass sie beim Training ihrer Modelle nicht das Urheberrecht verletzen.
KI-Suche Perplexity startet Partnerprogramm
Die KI-Suchmaschine Perplexity legt nach wochenlanger Kritik wegen Plagiatsvorwürfen ein Programm zur Aufteilung der Werbeeinnahmen an Verlage und Plattformen auf. Sobald Perplexity Inhalte eines Partners nutzt, um eine Anfrage zu beantworten, teilt der Anbieter der "Antwortmaschine" die Werbeeinnahmen mit dem jeweiligen Verlag. Zu den Partnern in Deutschland gehört Der Spiegel.
Die Partnerschaft sieht keine Lizenzgebühren für die Nutzung von Inhalten zum Training der KI-Modelle vor, wie es bei den Verträgen zwischen OpenAI und Verlagen der Fall ist. Dennoch sieht sich auch OpenAI Klagen gegenüber, in der Vergangenheit ohne Erlaubnis Inhalte verwendet zu haben, insbesondere von der New York Times. Auch Perplexity wurde vorgeworfen, Artikel und Recherchen von Verlagen ohne ausreichende Quellenangabe genutzt zu haben.
Meta Platforms investiert Werbe-Profit in KI-Ausbau
Meta Platforms verzeichnet im zweiten Quartal 2024 deutliche Sprünge bei Umsatz und Gewinnen. Zwar wächst die Zahl der täglich aktiven Nutzer über alle Plattformen hinweg nur noch moderat, aber der Konzern spielt 10 % mehr Werbung aus, die gleichzeitig um 10 % teurer verkauft wird. Damit steigert Meta die Werbeeinnahmen um 22 % und finanziert so die für KI notwendigen Server sowie die Entwicklung des Metaverse.
FĂĽr das Metaverse und VR-Produkte gab Meta im vergangenen Quartal fast 1,5 Milliarden US-Dollar pro Monat aus, bei nur 389 Millionen Dollar Umsatz. Ein weiterer groĂźer Kostenfaktor ist die Server-Infrastruktur fĂĽr KI-Funktionen. Die Infrastrukturkosten werden weiter steigen, wenn Server modernisiert und ausgebaut werden. Dazu kommen Investitionen in KI-Entwicklung und -Forschung.
Für das laufende dritte Quartal erwartet Meta einen Umsatz zwischen 38,5 Milliarden und 41 Milliarden Dollar, 13 bis 20 Prozent mehr als im Vorjahr. Da dies die Erwartungen der Analysten übertrifft, macht die Meta-Aktie nachbörslich einen Sprung von über 7 Prozent.
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Erste Einblicke: Apple Intelligence in iOS 18.1
Apple rollt mit der Entwickler-Beta von iOS 18.1 erste KI-Funktionen unter dem Namen "Apple Intelligence" aus. Nutzerinnen und Nutzer können bereits Schreibhilfen zum Umformulieren und Zusammenfassen von Texten, sowie ein verbessertes Siri ausprobieren.
Neben neuer Optik ermöglicht der Assistent nun einen nahtlosen Wechsel zwischen Sprach- und Texteingabe und behält den Kontext zwischen verschiedenen Anfragen bei. Das System besteht aus einem On-Device-Modell mit 3 Milliarden Parametern und einem serverbasierten Sprachmodell. Die Trainingsdaten stammen aus lizenzierten Datensätzen und öffentlichen Quellen, nicht aus privaten Nutzerdaten.
Erste Tests zeigen, dass das On-Device-Modell relativ langsam, aber effizient arbeitet. Für komplexere Aufgaben soll später auf externe Modelle zurückgegriffen werden.
Google stellt kompaktes KI-Modell Gemma-2-2B vor
Mit Gemma 2 hat Google erst Anfang des Jahres seine Open-Source-Reihe kleiner bis mittelgroĂźer Sprachmodelle vorgestellt. Jetzt folgt die neue Version in seiner bisher kleinsten Ausgabe, die im Vergleich dennoch sehr gut abschneidet. Das neue Sprachmodell namens Gemma-2-2B mit nur 2 Milliarden Parametern ist nun die kleinste Version der Open-Source-Modellreihe.
Doch trotz der geringen Größe übertrifft es laut Google einige deutlich größere Modelle in Benchmarks. Besonders eindrucksvoll ist, dass es gegenüber Llama 2-70B mit immerhin 70 Milliarden Parametern besser abschneidet – und das mit einer 35-fach kleineren Parameterzahl.
Zusätzlich führt Google einen Sicherheitsklassifizierer namens ShieldGemma ein, der schädliche Inhalte erkennen und herausfiltern soll. Das ebenfalls neue Tool Gemma Scope soll Einblicke in die Entscheidungsprozesse der Modelle geben. Mit dessen Hilfe sollen Forschende besser verstehen, wie die Modelle Muster erkennen, Informationen verarbeiten und Vorhersagen treffen.
Gemma-2-2B und die neuen Tools sind frei verfügbar und können auf verschiedenen Plattformen wie HuggingFace und Google Vertex genutzt werden.
Probleme von KI-Chatbots bei aktuellen Nachrichten
Meta AI und andere KI-Chatbots haben Schwierigkeiten, Fragen zu aktuellen Ereignissen korrekt zu beantworten. Das liegt daran, dass die Modelle auf älteren Trainingsdaten basieren. In einigen Fällen weigerte sich Meta AI, über das Attentat auf Donald Trump zu sprechen oder behauptete fälschlicherweise, es habe nicht stattgefunden. Solche "Halluzinationen" sind ein bekanntes Problem bei generativen KI-Systemen. Meta hat die KI deshalb zunächst angewiesen, Fragen zum Attentat gar nicht zu beantworten und stattdessen eine generische Antwort zu geben, dass sie keine Informationen liefern könne. Meta hat die KI-Antworten zum Attentat inzwischen aktualisiert, räumt aber ein, dass dies schneller hätte geschehen müssen. Experten warnen, dass KI-Assistenten auf absehbare Zeit keine verlässliche Alternative zu klassischen Informationsquellen wie Suchmaschinen oder Medien sein werden.
KI-Radarüberwachung am Bahnhof in Mönchengladbach
Am Hauptbahnhof in Mönchengladbach laufen Testmessungen mit Radartechnik, die künftig mithilfe von KI die polizeiliche Überwachung unterstützen könnte. Acht Radarsensoren halten Bewegungen und Handlungen mittels Farbspektren und Wellenlinien fest. KI soll daraus sicherheitsgefährdende Situationen wie Flucht, körperliche Auseinandersetzungen oder eine hilflose Person erkennen und die Polizei warnen.
Während der Testphase muss die KI zunächst lernen, was die aufgenommenen Muster bedeuten. Dafür sind Aktionen geplant, in denen bestimmte Szenen nachgestellt werden. Parallel dazu werden auch Videodaten von nachgestellten Szenen und von Kameras der Bundespolizei aufgezeichnet, um die KI zu trainieren.
Ziel der Technologie ist es, die Sicherheit zu erhöhen und gleichzeitig die Privatsphäre zu wahren. Die Radarsensoren erfassen nur anonymisierte Daten, aus denen keine Identität abgeleitet werden kann. Zudem ist Radar unempfindlich gegenüber Lichtverhältnissen und Umwelteinflüssen. Nach Abschluss der Testmessungen im September sollen die Daten ausgewertet werden, um über einen möglichen Echtbetrieb an Bahnhöfen und öffentlichen Plätzen zu entscheiden.
Amazons KI-Roboter Maximo baut Solarparks
Amazon unterstützt den Aufbau von Solarparks mit dem KI-gesteuerten Roboter Maximo. Der Roboter kann die benötigte Zeit zum Aufbau von Solaranlagen sowie die Kosten um bis zu 50 Prozent reduzieren. Maximo automatisiert vor allem Hebearbeiten, um Solarpaneele präzise zu platzieren. Dabei nutzt er KI wie Computer Vision, um die Anlagen selbstständig aufzubauen.
Eingesetzt werden kann Maximo bei nahezu allen Wind- und Wetterverhältnissen, auch bei starker Hitze wie im Bellefield-Park in Kalifornien. Dort entsteht das größte Solar- und Speicherprojekt der USA mit einem Batteriespeicher von 1 GW. Rund 467.000 kalifornische Haushalte sollen so mit CO₂-freier Energie versorgt werden.
Mit dem Einsatz des Roboters begegnet Amazon auch dem Fachkräftemangel in der US-Solarbranche. Der Bedarf werde sich in den USA in weniger als zehn Jahren verdoppeln, aber schon jetzt finden 90 Prozent der Solarunternehmen kaum noch qualifizierte Mitarbeiter. Maximo kann helfen, den Mangel auszugleichen und die vorhandenen Arbeiter zu entlasten.
KI-Update Deep-Dives starten wieder
Zum Schluss noch der Reminder, dass unsere DeepDive-Sommerpause vorbei ist. Für unsere Folge morgen habe ich mit meinen Chefredakteuren Volker Zota und Torsten Beek darüber gesprochen, welche Einflüsse KI auf das Mediengeschäft und den Journalismus hat.
(igr)