KI braucht Strom: Microsoft bestellt riesige Menge CO2-Zertifikate

500.000 Tonnen CO2 sollen im Auftrag Microsofts in Texas aus der Luft gesaugt und in den Boden gepumpt werden. Ein Rekord.​

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Aus einer gezeichneten Wolke mit Aufschrift "CO2" wachsen drei Pfeile nach unten

Kohlenstoffabscheidung soll einen Beitrag zur Milderung der Klimawandels leisten

(Bild: NicoElNino/Shutterstock.com)

Lesezeit: 4 Min.

Microsoft erteilt den bislang größten Auftrag, CO2 aus der Luft zu holen (Direct Air Capture, DAC). Nicht weniger als 500.000 Tonnen CO2 sollen binnen sechs Jahren in Texas unterirdisch gespeichert und nicht weiter verwendet werden. Wie viele Millionen das kostet, ist nicht bekannt. Zum Vergleich: Eine Gruppe um Alphabet und Meta kauft für 40 Millionen Dollar 61.000 Tonnen DAC-Leistung bis 2030. Hintergrund ist, dass die Datenkonzerne einerseits bis 2030 CO2-neutral werden möchten, andererseits aber immer mehr Künstliche Intelligenz in den Markt drücken, deren aufwändige Berechnungen sehr viel Energie verbrauchen.

Auftragnehmer für Microsofts Kohlenstoffabscheidung ist die Firma 1PointFive. Laut deren Angaben handelt es sich um die größte Einzelbestellung, die es bislang für DAC gegeben hat. 1PointFive errichtet gerade in Texas – ironischer Weise in einem Ort namens Notrees – eine große Anlage für DAC. Sie heißt Stratos und soll Mitte nächsten Jahres den Betrieb aufnehmen. Im Vollausbau soll Stratos 500.000 Tonnen CO2 pro Jahr aus der Atmosphäre holen und in den Boden pumpen. Microsofts Auftrag wird die Anlage also nicht voll auslasten, da er über sechs Jahre läuft.

Notrees soll nur einen einzigen natürlich gewachsenen Baum gehabt haben, der in den 1940er-Jahren im Zuge der Errichtung einer Erdgasförderanlage für Shell gefällt wurde. Ein Lebensmittelhändler namens Charlie Brown soll der Stadt dann ihren Namen gegeben haben, berichtet die Texas State Historical Association. Notrees bedeutet auf Deutsch "Keinebäume".

Auch Google hat sich zum Ziel gesetzt, 2030 CO2-neutral zu werden – nicht bloß im Betrieb, sondern in der gesamten Wertschöpfungskette, also von der Rohstoffgewinnung über die Emissionen von Lieferanten bis zum Energieverbrauch, den Google-Kunden durch den Gebrauch von Produkten und Dienstleistungen Googles verursachen. Solche Treibhausgasemissionen außerhalb des eigentlichen Google-Betriebs sind (Stand 2022) dreimal so groß, wie die Emissionen aus Googles eigentlichem Betrieb.

Den eigenen Betrieb hat der Datenkonzern von 2007 bis 2022 bereits CO2-neutral geführt, wenn man den Kauf von Emissionszertifikaten berücksichtigt. Doch auch Google setzt voll auf KI; deren Energiebedarf ist so groß, dass Googles Betrieb 2023 erstmals seit 2007 nicht mehr CO2-neutral war. Das Ziel, die gesamte Wertschöpfungskette klimafreundlich zu gestalten, ist in weite Ferne gerückt.

Die Konzernmutter Alphabet hat in Oregon ein Start-up namens 280 Earth finanziert, das die Abwärme eines Google-Rechenzentrums nutzt, um CO2 aus der Atmosphäre zu holen. Auch Catalyst4, ein von Google-Mitgründer Sergej Brin gegründetes gemeinnütziges Projekt, hat in 280 Earth investiert. Die Anlage läuft seit Mai, bäckt aber kleinere Brötchen als Stratos: 500 Tonnen pro Jahr werden derzeit abgeschieden, im Vollausbau sollen es 20.000 Tonnen jährlich sein. Dafür ist 280 Earth doppelt effizient: Die Nutzung der Abwärme reduziert nicht nur den Energieverbrauch direkt, sondern senkt zudem im Rechenzentrum den Kühlaufwand.

Noch steckt der DAC-Markt in den Kinderschuhen. Um weitere Investoren dafür zu gewinnen, hat sich Alphabet 2022 gemeinsam mit McKinsey, Meta, Shopify und Stripe dazu verpflichtet, bis 2030 insgesamt 925 Millionen US-Dollar für DAC-Zertifikate zu bezahlen. Davon fließen jetzt einmal 40 Millionen Dollar an 280 Earth, das dafür bis 2030 61.000 Tonnen CO2 aus der Atmosphäre abscheiden soll.

Im März hat die US-Regierung Preisgelder für DAC-Projekte von insgesamt 35 Millionen US-Dollar ausgelobt (zusätzlich zu im Vorjahr vergebenen Milliardensubventionen für die ersten großen Kohlenstoffabscheider in den USA); Google hat daraufhin angekündigt, binnen zwölf Monaten ebenfalls für 35 Millionen Dollar DAC-Zertifikate zu kaufen, um den Markt zu beleben. Microsofts Großauftrag ist ein weiteres, stärkeres Signal an DAC-Investoren.

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(ds)