KPNQwest-Euroring wieder in Betrieb

Am heutigen Freitagnachmittag scheinen die deutschen Glasfaserkabel des insolventen IP-Carriers KPNQwest wieder nahezu vollständig in Betrieb zu sein.

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Von
  • Holger Bleich

Am heutigen Freitag Nachmittag scheinen die deutschen Glasfaserkabel des insolventen IP-Carriers KPNQwest wieder nahezu vollständig in Betrieb zu sein. Nur in den Städten Bremen, Hannover, Magdeburg und Stuttgart seien derzeit (Stand: 16 Uhr) die "Europops", also die regionalen Verteilstellen, noch offline, bestätigte Firmensprecher Thilo Huys. Dort habe man Teile der Hardware nicht ordnungsgemäß rebooten können. Servicetechniker seien vor Ort, die die Probleme bald behoben haben sollen.

Das fast 25.000 Kilometer Kabel umfassende europäische Glasfasernetz ("Euroring") wurde am 24. Juli ohne Vorwarnung und auf Anweisung der niederländischen Insolvenzverwalter heruntergefahren. Diese Vorgehensweise ist zwar bei den verbliebenen Kunden von KPNQwest Deutschland auf große Kritik gestoßen, blieb aber ohne gravierende Auswirkungen auf die Performance des IP-Traffics in Europa. Nur Firmen, die trotz der lange schwelenden Krise noch nicht für einen alternativen Uplink für ihre Rechner gesorgt hatten, standen plötzlich ohne Außenanbindung da.

Großkunden wie etwa der Berliner Massen-Webhoster Strato, dessen Kundenpräsenzen vom Technikpartner KPNQwest in Karlsruhe betreut werden, hatten bereits Vorsorge getroffen. Direkt nach dem Ausfall leitete Strato alle Requests über frisch installierte Fallback-Anbindungen der Carrier LambdaNet und Cable & Wireless. Nachdem das KPNQwest-Netz wieder in Betrieb war, annoncierte man die Routen sofort wieder um und verwendet nunmehr erneut fast ausschließlich die KPNQwest-Anbindung.

Probleme bereitete die plötzliche Stilllegung des Eurorings augenscheinlich der Karlsruher Web.de: Zwar ist das Web.de-Rechenzentrum nach Angaben von Firmensprecherin Eva Vennemann an "fünf bis sechs verschiedenen Provider" angebunden, aber die Nameserver des Portal-Betreibers waren dennoch nicht mehr erreichbar. Folglich war auch Web.de über Stunden unter seinem Domain-Namen nicht mehr abrufbar.

Nach Messungen der Firma Keynote hatte die tatsächliche Ring-Abschaltung kaum Auswirkungen auf die allgemeine Internet-Performance in Deutschland. Die Zugriffszeiten auf Websites im Keynote German-40-Index, also etwa auf Spiegel Online, Yahoo, Lycos oder Amazon.de, stiegen nicht messbar. Keynote ruft die Seiten in geringen Abständen direkt aus mehreren verschiedenen Backbones heraus ab und bildet aus den Zugriffszeiten ein Mittel.

Am 20. Juli dagegen zeigte der Index ein deutliches Absacken der Performance und pendelte sich dann auf schlechterem Niveau wieder ein. Zu diesem Zeitpunkt hatte KPNQwest angekündigt, den Support für sein Netz ab sofort einzustellen. Vermutlich hatte diese Ankündigung dafür gesorgt, dass viele Provider Alternativrouten annoncierten, um KPNQwest künftig möglichst weiträumig zu umgehen.

Ein Großteil des IP-Traffics ging also schon an den KPNQwest-Glasfasern vorbei, bevor diese tatsächlich abgeschaltet wurden. Benötigte Keynote am 19. Juli noch durchschnittlich zwischen 1,5 und 2 Sekunden zum Abruf einer Seite aus dem Index, so sind es heute zwischen 2,5 und 3 Sekunden. De facto sorgt die KPNQwest-Insolvenz momentan also insgesamt tatsächlich für Performance-Einbußen im europäischen Internet.

Zur Entwicklung der Situation bei KPNQwest siehe auch: (hob)