Weiter Käufer für KPNQwest-Netz gesucht

Die meisten Alternativ-Routen um das KPNQwest-Netz herum scheinen bereits aktiv zu sein, auch wenn der Euroring selbst offensichtlich noch nicht vollständig abgeschaltet ist.

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Von
  • Jürgen Kuri

Nachdem die Konkursverwalter des insolventen Internet-Carriers KPNQwest vor Gericht keine Freigabe des bei den Banken eingegangenen Geldes erreichen konnten und die Abschaltung des Netzes ankündigten, suchen sie weiter einen Käufer, der Teile oder die gesamte Netzwerkinfrastruktur übernimmt. Mit der Gerichtsentscheidung fehlte den Konkursverwaltern das Geld, um das 25.000 Kilometer lange Glasfaser-Breitband-Netzwerk (Euroring) der mit 2,2 Milliarden Euro verschuldeten Firma weiter in Betrieb zu halten. Ohne Aufrechterhaltung des Netzbetriebs verringerten sich aber die Chancen, KPNQwest als Ganzes oder in Teilen zu attraktiven Preisen zu verkaufen, hatten die Konkursverwalter bereits zuvor erklärt. Dennoch wollen sie ihre Bemühungen fortsetzen, KPNQwest zumindest in Teilen noch zu verkaufen. Zu den wichtigsten Interessenten zählt die niederländische Presse weiter das US-Unternehmen AT &T sowie das niederländische Mutterunternehmen des insolventen Betriebs. Der Telecom-Konzern KPN hatte den Carrier zusammen mit der US-Firma Qwest aufgebaut.

Teilweise geäußerte Befürchtungen, eine Abschaltung des KPNQwest-Netzes würden zu Behinderungen im Internet-Datenverkehr innerhalb Europas führen, haben sich bislang nicht bestätigt. Zum einen ist das Netz noch weitgehend aktiv, zum anderen scheinen die Alternativ-Routen, die die meisten Provider und Carrier inzwischen gelegt hatten, den Traffic problemlos weiterleiten zu können; Untersuchungen mittels der Agents von Keynote, einem auf Performance- und Auslastungs-Messungen im Internet spezialisierten Unternehmen, ergeben bislang keine Auffälligkeiten oder ungewöhnliche Verzögerungen. So weist die Route vom Keynote-Agent im Amsterdamer KPNQwest-Netz zu www.heise.de sofort aus dem KPNQwest-Netz hinaus. Sie verläuft direkt über Abovenet beziehungsweise Metromedia Fiber, einem ebenfalls in finanziellen Schwierigkeiten steckenden Carrier, zum Peering mit Plusline am zentralen Frankfurter Knoten De-CIX. Verzögerungen in der Verbindung sind dabei nicht festzustellen.

Auch ist der deutsche Teil des KPNQwest-Netzes weiter aktiv: Die Route vom Keynote-Agent im Frankfurter UUNet-Knoten zum Webhoster Strato, der seine Kundenpräsenzen vollständig im Karslruher Rechenzentrum von KPNQwest untergebracht hat, führt nach vier Hops bereits in den deutschen Teil des KPNQwest-Netzes. Die Route vom Keynote-Agent im KPNQwest-Knoten in Helsinki zu Strato bleibt sogar vollständig im Netz von KPNQwest. Die von Strato angekündigten Backup-Links für das umkämpfte Karlsruher KPNQwest-Rechenzentrum scheinen noch nicht aktiv zu sein; Verzögerungen im Datenverkehr sind dadurch bislang aber nicht festzustellen.

Auch hofft KPNQwest Germany nach eigenen Aussagen, den Euroring 3 von der niederländischen Mutter übernehmen und als eigenständige Gesellschaft weiteroperieren zu können. Dieses Glasfasernetzwerk besteht aus drei miteinander verbundenen Sub-Ringen und versorgt 16 deutsche Großstädte. Insgesamt hat KPNQwest in den Jahren 1999 und 2000 dafür 2700 Kilometer Kabel in Deutschland verlegt. Der Backbone kann theoretisch bis zu 96 Terabit/s transportieren, ist aber derzeit nur zu einem geringen Prozentsatz genutzt. Er kostete das Unternehmen seinerzeit nach eigenen Angaben rund 255 Millionen Euro. In welcher Form eine Übernahme dieses Segments durch KPNQwest Germany erfolgen könnte, ist auch heute noch offen.

Zur Entwicklung der Situation bei KPNQwest siehe auch:

There's an English article about KPNQwest's bankruptcy available with some background information from prior German articles: KPNQwest Files For Bankruptcy. (jk)