Kai-Uwe Ricke -- über den Mobilfunk an die Telekom-Spitze?

Als der Aufsichtsrat der Deutschen Telekom Kai-Uwe Ricke zum Mai 2001 in den Vorstand berief, wurde er bereits als möglicher Nachfolger für Ex-Konzernchef Ron Sommer gehandelt.

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Von
  • Peter Lessmann
  • dpa

Als der Aufsichtsrat der Deutschen Telekom Kai-Uwe Ricke zum Mai 2001 in den Vorstand berief, wurde er schon damals als möglicher Nachfolger für Ex-Konzernchef Ron Sommer gehandelt. Der 41-jährige Mobilfunkpionier hat bei der Telekom eine Blitzkarriere hingelegt und Europas größten Telekom-Konzern im Sturm erobert: Zunächst bei T-D1 (heute T-Mobile Deutschland), dann als Vorstandschef der Mobilfunkholding T-Mobile International AG. Zuständig im Telekom-Vorstand war Ricke zuletzt auch für das Online-Geschäft. Der Präsidialausschuss des Aufsichtsrates -- paritätisch besetzt mit Arbeitgeber- und Arbeitnehmer-Vertretern -- soll sich darauf festgelegt haben, dass Ricke das Sommer-Erbe übernimmt -- eine offizielle Stellungnahme gibt es von der Telekom aber nicht: "An Spekulationen beteiligen wir uns nicht." Der neue Chef wird am Donnerstag vom Aufsichtsrat gekürt und anschließend der Öffentlichkeit präsentiert.

Gemeinsam mit Finanzchef Karl-Gerhard Eick gehört Ricke, der einer der jüngsten Topmanager in der deutschen Unternehmensgeschichte werden könnte, seit gut einem Jahr zu den starken Männern im Konzern. Zu seinem Förderer Sommer war er stets loyal. Schließlich hatte dieser den Hanseaten 1998 nach Bonn geholt, als mit der Marktöffnung neue Wettbewerber zum Angriff auf den Platzhirsch bliesen. Einer davon war die Talkline GmbH (Elmshorn), ein Service-Provider im Mobilfunk. Ihr Geschäftsführer hieß Kai-Uwe Ricke. Und der war zunächst ein ausgewiesener Gegner der Telekom. "Das Monopol geht, Talkline kommt", warb das Unternehmen. Dann machte Sommer dem gelernten Bankkaufmann und Absolventen der European Business School (Schloss Reichartshausen) ein attraktives Angebot: Ricke, verheiratet und Vater von zwei Kindern, sollte die Leitung von T-Mobil übernehmen, und der "Fleißbolzen" willigte ein.

Bei T-Mobile beschleunigte er die Aufholjagd auf den damaligen Branchenführer Vodafone D2. Inzwischen ist die Telekom-Tochter Marktführer. Schon bald wurde Ricke mit internationalen Aufgaben betraut. Er wurde zuständig für die Integration des britischen Anbieters One2One (heute: T-Mobile UK) und später für die US-Tochter VoiceStream. Nach dem Rücktritt von Sommer übernahm Ricke dann im September 2002 auch den Aufsichtsratsvorsitz bei der T-Online International AG.

Der 1,90 Meter große Ricke wird als fleißig und unprätentiös beschrieben. Er gilt als offen, ist wegen seines kooperativen Führungsstils beliebt unter Mitarbeitern und oft zu Scherzen aufgelegt. Mit seiner Berufung an die Konzernspitze würde er nach sieben Jahren Sommer-Ära und einem Interregnum durch Helmut Sihler zugleich in die Fußstapfen seines Vaters Helmut treten. Dieser stand von 1989 bis 1994 an der Spitze der Telekom. Ricke junior, der auch bei den Arbeitnehmervertretern im Aufsichtsrat anerkannt ist und nach außen eher die leisen Töne anschlägt, tritt ein schweres Erbe an. Der Abbau der drückenden Schuldenlast und damit die Rückgewinnung des Vertrauens von Investoren und Kleinanlegern in die T-Aktie dürften auf seiner Prioritätenliste ganz oben stehen. Auf dem politischen Parkett muss Ricke dagegen noch hinzulernen -- denn der Bund ist mit rund 44 Prozent immer noch der größte Anteilseigner der Telekom.

Eine der heikelsten Aufgaben wartet auf den Blondschopf ausgerechnet in der Mobilfunksparte. Gemeinsam mit Sommer hatte Ricke im Jahr 2000 den spektakulären und vielfach kritisierten Kauf des US- Mobilfunkbetreibers VoiceStream eingefädelt. Der gewaltige Kaufpreis von rund 40 Milliarden Euro ließ nicht nur den Kurs der T-Aktie einbrechen, sondern auch die Verbindlichkeiten steigen. Jetzt zwingt der Schuldenberg zum Umdenken. Neben teuren Firmenzukäufen werden außerdem die enormen UMTS-Kosten die Bilanzen des Unternehmens über Jahre belasten. Aber wenn es um den Mobilfunk geht, bleibt Ricke Optimist -- trotz der gegenwärtig verbreiteten Skepsis über die UMTS-Zukunftsaussichten: "Das mobile Internet wird den gesamten Telekommunikationsmarkt revolutionieren." (Peter Lessmann, dpa) / (jk)