Katerstimmung bei UMTS-Gewinnern

Mögen die Firmen das Geschäft im Mobilfunk der Zukunft noch so rosig malen, unter Börsianern kommen die hohen Kosten für die begehrten UMTS-Lizenzen nicht gut an.

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Von
  • Peter Lessmann
  • dpa

Kaum sind die rauschenden Siegesfeiern beendet, macht sich unter den UMTS-Gewinnern Katerstimmung breit. Mögen die Firmen das Geschäft im Mobilfunk der Zukunft noch so rosig malen, unter Börsianern kommen die hohen Kosten für die begehrten Konzessionen von knapp 100 Milliarden Mark nicht gut an. Mit zum Teil kräftigen Kursabschlägen straften sie in den vergangenen Tagen die nimmersatten Mobilfunkriesen ab. Holger Grawe, Telekom-Analyst der Düsseldorfer WestLB Panmure, zeigt sich überrascht über den drastischen Einbruch: "Diese Kursentwicklung halten wir für übertrieben", sagt er und glaubt an eine Bodenbildung. Am Dienstag kamen die Kursrückgänge zunächst zum Stillstand. Neben der Deutschen Telekom waren vor allem die spanische Telefonica, France Telecom und die niederländische KPN unter Druck geraten.

Vodafone AirTouch, Muttergesellschaft von Mannesmann Mobilfunk (D2), und British Telecom (BT/VIAG Interkom) standen dagegen besser da. Während Vodafone vor wenigen Wochen mit dem Verkauf von Orange seine Kriegskasse gut aufgefüllt hatte, profitierte BT von dem Gerücht, das Unternehmen wolle sich mit dem US-Konzern AT&T zu einem neuen Giganten zusammenschließen.

Verstärkt wurde der Trend fallender Kurse außerdem durch Rating-Agenturen, die angesichts der enormen UMTS-Ausgaben der UMTS-Sieger deren Bonität herabstuften. Auch dass sechs Unternehmen statt der erwarteten fünf eine Lizenz ersteigert hatten, hat den Kapitalmarkt keineswegs entzückt: Denn das bedeutet mehr Wettbewerb und niedrigere Erträge. Stark gelitten unter dem Kursverfall hat vor allem die Deutsche Telekom. Ohnehin haben die Aktionäre des Bonner Riesen seit Wochen wenig zu lachen. Nach dem dritten Börsengang im Juni rutschte die T- Aktie nur wenige Tage später unter den Ausgabekurs von 63,50 Euro. Mit der Ankündigung der VoiceStream-Übernahme für gut 100 Milliarden Mark ging es dann richtig in den Keller. Mit der UMTS-Versteigerung habe sich der Bund auf Kosten der Aktionäre ein zweites Mal bedient, schimpft Ulrich Hocker, Geschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz in Düsseldorf. "Erst wird die Telekom privatisiert, dann holt sich der Bund mit den UMTS-Lizenzen noch einen Nachschlag". Und so müssen sich die Aktionäre von Telekom, Telefonica, France Telecom oder KPN weiter in Geduld üben. "Ein bis zwei Jahre wird die relative Schwäche dieser Werte anhalten", glaubt Theo Kitz vom Bankhaus Merck Finck & Co. Jetzt werde erst einmal umgeschichtet, auf Aktien der Lieferanten wie Nokia, Ericsson oder Alcatel.

Am ehesten muten Experten der Telekom zu, die hohen Belastungen wegzustecken. Beste Voraussetzung hat auch Mannesmann Mobilfunk mit seiner starken britischen Mutter Vodafone. D1 und D2 werden so voraussichtlich im künftigen UMTS-Geschäft den Ton angeben. Sonera und Telefonica, VIAG Interkom oder die E-Plus-Muttergesellschaft KPN hätten es viel schwerer. "KPN ist mau", beschreibt ein Beobachter in drastischen Worten die Situation bei den Niederländern nach dem überraschenden Rückzug von Hutchison aus dem deutschen UMTS- Geschäft. Als schöne Braut putzt sich indes die Telefongesellschaft Debitel (Swisscom) raus: Das Unternehmen hatte sich vorzeitig aus der UMTS-Auktion zurückgezogen. Jetzt wollen sich die Stuttgarter als so genannter virtueller Netzbetreiber bei einem der Sieger einhaken. Auch D2-Chef Jürgen von Kuczkowski könnte sich so etwas vorstellen: "Aber das muss eine win-win-Situation", meint er – sprich: Beide müssen davon profitieren. Aber der natürliche Partner für debitel könnte ein anderer werden: Telefonica. (Peter Lessmann, dpa) (jk)