Bundeswehr baut eigenes Satellitennetzwerk aus und verschmäht Starlink

Die Bundeswehr zahlt Airbus 2,1 Milliarden Euro für die Weiterentwicklung des militärischen Kommunikationssystems, das unabhängig und kriegstüchtig sein soll.

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Der Spiegel der mobilen Bodenstation der Bundeswehr

2,4-Meter-Spiegel der mobilen Bodenstation von SATCOMBw.

(Bild: Bundeswehr / Martina Pump)

Lesezeit: 3 Min.

Die Bundeswehr hat Airbus Defence and Space einen Großauftrag im Umfang von 2,1 Milliarden Euro erteilt, damit der Rüstungs- und Weltraumkonzern die Satellitenkommunikation der Streitkräfte (SATCOMBw) auf die nächste Stufe heben kann. Das deutsche Militär soll damit weiterhin nicht auf die Verfügbarkeit kommerzieller Satellitennetzwerke wie Starlink von Elon Musks Konzern SpaceX angewiesen sein. Der Auftrag umfasst Airbus zufolge die Entwicklung, Integration, Erprobung und Auslieferung in der Umlaufbahn von zwei neuen Telekommunikationssatelliten. Die militärischen Erdtrabanten sollen geostationär fliegen, also auf einer Kreisbahn 35.786 Kilometer über der Äquatoroberfläche.

Die Airbus-Satelliten der neuen Generation basieren auf der Plattform Eurostar Neo, teilte das Münchner Unternehmen mit. Sie sollen rund 6 Tonnen wiegen und "über umfangreiche Fähigkeiten verfügen, um mit dem raschen Wandel in der Digitalisierung und dem ständig steigenden Datenübertragungsvolumen Schritt zu halten". Für die Bundeswehr unterhält Airbus aktuell die Erdtrabanten COMSATBw 1B und 2B, die Basis der SATCOMBw der Stufe 2 sind. Der Konzern betreibt in diesem Rahmen auch eine große Bodenstation in Weilheim. Sie dient – wie die beiden militärisch betriebenen Pendants an den Standorten Gerolstein und Kastellaun – als Ankerstation für die Datenübertragung zu und von den Satelliten und als Schnittstelle zu den terrestrischen Kommunikationsnetzen.

Mit dem neuen Auftrag für die 3. Stufe ist auch die Aufrüstung des bestehenden Bodensegments für zunächst weitere 15 Jahre mit der Option für eine weitere Verlängerung verknüpft. Das Verteidigungsministerium sieht in der damit gegebenen Verfügbarkeit eigener Übertragungskapazität eine "Grundvoraussetzung für die Landes- und Bündnisverteidigung". Die Bundesregierung betonte jüngst, die hiesigen Streitkräfte bräuchten die von der EU geplante Satellitenkonstellation für hochverfügbares Breitband-Internet IRIS2 sowie private Alternativen wie Starlink dank SATCOMBw nicht unbedingt.

Außer Airbus sind auch der Bremer Raumfahrtkonzern OHB und mittelständische hiesige Unternehmen an dem Projekt beteiligt. Zentrale Elemente wie die Führung und Integration der Nutzlasten, die Solaranlagen und der Gesamtbetrieb des benötigten Raumfahrzeugs sollen aus Deutschland kommen. Der Haushaltsausschuss gab im Juni einem Bericht zufolge 2,1 Milliarden Euro für Bundeswehr-Satelliten frei. Demnach soll OHB auch einen Frequenzsicherungssatelliten ins All schicken und betreiben. Dabei geht es darum, sich die von der Internationalen Fernmeldeunion ITU zugewiesenen Kanäle weiter verfügbar zu halten.

Der Chef von Airbus Defence and Space, Michael Schöllhorn, freute sich, mit der Bestellung "eine deutlich verbesserte und bis in die 2040er-Jahre zukunftssichere Militärsatcom-Fähigkeit" bieten zu können. Langfristige Partnerschaften seien "von entscheidender Bedeutung für die Gewährleistung wesentlicher Souveränität und Fähigkeiten sowie für den Schutz unserer Streitkräfte in einem zunehmend instabilen geopolitischen Umfeld". Ralph Herzog, Vizepräsident des Bundesamts für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr, hob hervor, mit SATCOMBw der Stufe 3 werde das hiesige Militär über ein kriegstüchtiges Kommunikationssystem verfügen. Bei zwei von drei Ende 2023 ins All beförderten Satelliten des Spionageprogramms Sarah von OHB musste das Verteidigungsministerium dagegen jüngst technische Probleme einräumen: Sie können bisher keine Radarbilder liefern. Grund: Die Antennenmasten mit der Sensorik lassen sich nicht ausklappen.

(nie)