Keine Ruhe für den Telekom-Chef

Der Telekom-Chef geht -- oder doch nicht -- wenn überhaupt, dann aber bald: Die Auseinandersetzung um Ron Sommer entwickelt sich vorerst zur Saga ohne schnelles Ende, in der diverse Namen als Nachfolger gehandelt werden.

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Von
  • Jürgen Kuri

Der Aufsichtsrat der deutschen Telekom muss nach Ansicht von SPD-Generalsekretär Franz Müntefering Konsequenzen angesichts des dramatischen Kursverfalls der Telekom-Aktie ziehen. "Ich begegne natürlich vielen Menschen, auch in der eigenen Partei, die sagen: Da haben wir uns engagiert, da haben wir Aktien gekauft und die jetzt sagen: Was ist denn da eigentlich los", erklärte Müntefering am Mittwoch im ZDF-Morgenmagazin. Es gehe hierbei nicht um die Person des unter Druck geratenen Telekom-Vorstandsvorsitzenden Ron Sommer, sondern um das Unternehmen insgesamt "und da muss man sich schon Gedanken machen", sagte Müntefering. "Das hängt nicht an einer Person, aber der Aufsichtsrat muss wissen, dass da Handlungsbedarf ist."

Ron Sommer jedenfalls lehnt einen Rücktritt bislang ab. Er sei der festen Überzeugung, er habe sich nichts vorzuwerfen, hieß es gegenüber der dpa am Dienstagabend in Sommers Umfeld. Nach ARD-Informationen ist eine möglichst rasche Ablösung Sommers in der Bundesregierung jedoch bereits ausgemacht. Bundeskanzler Gerhard Schröder und Finanzminister Hans Eichel hätten sich vergangene Woche darauf verständigt, meldete die Tagesschau.

Politische Einmischung

Das Präsidium des Telekom Aufsichtsrats zeigte sich bei einer zehnstündigen Sondersitzung in Bonn verärgert über eine politische Einflussnahme seitens der Bundesregierung. Der Eindruck, die Telekom sei ein politisch geführtes Unternehmen und ein Spielball im Wahlkampf, sei für sie als börsennotiertes Unternehmen extrem schädlich, hieß es nach der Sitzung in Unternehmenskreisen. Dies gefährde die weitere Entwicklung und sei bereits von ausländischen Investoren heftig kritisiert worden. Das Gremium will eine entsprechende interne Stellungnahme für die Bundesregierung erarbeiten. Der Bund ist mit rund 43 Prozent größter Anteilseigner der nach bisherigen Angaben mit 67,2 Milliarden Euro verschuldeten Telekom.

Auch der ehemalige Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Hans-Olaf Henkel, mischte sich gleich einmal in die Diskussion ein und vermeldete Kritik an den Äußerungen verschiedener Politiker zur Situation bei der Telekom. "Der größte Schaden, den man jetzt anrichten kann, ist, den Politikern Einfluss auf dieses Unternehmen zuzubilligen", sagte Henkel im ZDF-Morgenmagazin. Die Politiker sollten dieses Thema aus dem Wahlkampf raushalten.

Aber auch die Bundesregierung rudert zumindest in der öffentlichen Diskussion vorerst etwas zurück. Die Spekulationen um Führung und unternehmerische Entscheidungen der Deutsche Telekom schaden dem Unternehmen selbst, meint die Regierung jedenfalls momentan. Sie werde sich nicht an den öffentlichen Debatten dazu beteiligen, erklärte der Sprecher des Bundesfinanzministeriums, Jörg Müller. "Die Entscheidungen über die Besetzung des Vorstandes der Deutschen Telekom, seiner Überprüfung und gegebenenfalls auch Kritik an Entscheidungen des Vorstandes obliegt einzig und alleine dem Aufsichtsrat der Deutschen Telekom", betonte er. Nur dieses Gremium selbst könne mit einer Stellungnahme über Entscheidungen im Unternehmen, gleich ob personeller oder operativer Art, öffentlich Position beziehen.

Kandidatenkarussell

Nach einem Bericht der Berliner Zeitung ist die Suche nach einem geeigneten Nachfolger allerdings in vollem Gang. Unter Berufung auf informierte Kreise schreibt das Blatt, spätestens zum Ende dieser Woche werde eine außerordentliche Aufsichtsratssitzung der Telekom einberufen. Wenn bis dahin ein geeigneter Nachfolger für Sommer gefunden sei, könne er dann bereits berufen werden. Andernfalls könne der Termin noch verschoben werden. Als mögliche Nachfolgekandidaten für Sommer nennt die Zeitung den Chef von DaimlerChrysler Services, Klaus Mangold, den ThyssenKrupp-Aufsichtsrat Gerhard Cromme, sowie Jürgen Dormann, der die Hoechst AG sanierte und die Pharmasparte in die deutsch-französischen Nachfolgegesellschaft Aventis SA führte. Von Ex-VW-Chef Ferdinand Piech, der gestern von der Wirtschaftswoche ins Spiel gebracht wurde, ist nach heftigen Dementis von Bundesregierung und Piech selbst am heutigen Mittwoch allerdings nicht mehr die Rede.

Ein weiterer Name taucht nunmehr ebenfalls in der Diskussion auf: Klaus Esser, der ehemalige Chef von Mannesmann, der den deutschen Traditionskonzern zum Telekommunikations-Riesen umwandelte und in der Übernahmeschlacht mit Vodafone gegen Chris Gent verlor. Esser wird von Aktionärsschützern ins Spiel gebracht: Sommer an der Spitze von Europas größtem Telekommunikationskonzern sei verbraucht, meinte der Geschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), Jörg Pluta, in einem dpa-Gespräch. "Sommer tut dem Unternehmen nicht mehr gut. Er hat einige unglückliche strategische Weichenstellungen getroffen. Wir brauchen einen neuen Kopf, der mit einer klaren Strategie die Finanzprobleme in den Griff kriegt." Esser könne ein geeigneter Nachfolger sein, meinte Pluta.

Der T-Aktie jedenfalls taten die öffentlichen Diskussionen und Nachfolge-Spekulationen um Sommer gut: Das Papier legte bis zum Handelsschluss am Dienstag um 6,79 Prozent auf 11,32 Euro zu. Am heutigen Mittwoch konnte die T-Aktie den Aufwärtstrend zum Handelsauftakt fortsetzen, der Kurs stieg um 2,21 Prozent auf 11,57 Euro.

Zu der Auseinandersetzung um Ron Sommer und den weiteren Kurs bei der Deutschen Telekom siehe auch: (jk)