Kleinfeld 2.0: Neuer Siemens-Chef Löscher zieht das Tempo an

Auch unter der Führung des neuen Chefs Peter Löscher wird der radikale Umbau von Deutschlands größtem Elektrokonzern in hohem Tempo weiter gehen.

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Von
  • Axel Höpner
  • dpa

Nur wenige Wochen nach Amtsantritt hat der neue Siemens-Chef Peter Löscher bei seinen ersten Entscheidungen gleich ein spektakuläres Zeichen gesetzt: Auch unter seiner Führung wird der radikale Umbau von Deutschlands größtem Elektrokonzern in hohem Tempo weiter gehen. Während Vorgänger Klaus Kleinfeld sich vor allem von Sanierungsfällen wie der Handysparte trennte, zeigt der Verkauf des Autozulieferers VDO für gut elf Milliarden Euro an Conti nun, dass auch profitable Bereiche zur Disposition stehen, wenn mit dem eingesetzten Kapital anderswo mehr Geld verdient werden kann. In der Medizintechnik zum Beispiel sind die Margen höher. Einen guten Teil des Milliardenerlöses aus dem VDO-Verkauf setzt Löscher denn auch gleich für den Kauf des US-Labordiagnostik-Spezialisten Dade Behring ein. "Wir stärken unsere Stärken", sagte der neue Chef am Mittwoch.

Nach dem Rückzug von Klaus Kleinfeld hatte es im Konzern auch Erleichterung gegeben. Viele Siemensianer waren nie ganz warm geworden mit dem Aufsteiger, der sich seine Sporen bei Siemens in den USA verdient hatte. Er galt als US-geprägter Managertyp, der sich mehr nach dem Aktienkurs richtet als sich an Mitarbeiterinteressen orientiert. So wurde der Österreicher Löscher mit seiner freundlichen und kommunikativen Art denn auch von vielen in dem Traditionskonzern mit offenen Armen empfangen. Gemütlicher dürfte es aber nicht werden. "Augenmaß, Weitsicht und Tempo, Tempo, Tempo" sei sein Motto, sagte Löscher am Mittwoch. Der Conti-Verkauf und der Zukauf in den USA seien erst der Anfang. "Wir marschieren ganz klar weiter."

Der 49-jährige Löscher hatte bereits kurz nach seinem Amtsantritt klargestellt, dass er mindestens so ungeduldig und auch so kapitalmarktorientiert ist wie sein Vorgänger. "Wir werden weiter eine fokussierte Portfoliopolitik betreiben." Schließlich hatte er sein Handwerk bei Hoechst gelernt und dort den radikalen Umbau zum so genannten Lifescience-Konzern entscheidend mitbetrieben. Löscher erlebte bei Hoechst auch noch die Fusion mit Rhône Poulenc zum Aventis-Konzern mit, ehe er für zwei der renommiertesten US-Konzerne arbeitete – nämlich den großen Siemens-Rivalen General Electric und den Pharmariesen Merck.

Nach seinem Amtsantritt bei Siemens am 1. Juli blieb Löscher nicht viel Zeit, sich einzuarbeiten. Die Planungen für den VDO-Börsengang liefen bereits auf Hochtouren, zugleich winkte Continental heftig mit dem Scheckbuch. Da die IG Metall mit Conti nach eigener Einschätzung nicht die besten Erfahrungen gemacht hat, gab es anfangs heftigen Widerstand gegen einen Komplettverkauf. Um des lieben Friedens willen hätte Löscher nun weiter auf den Börsengang setzen können. Der neue Vorstandschef entschied aber rein nach Werthaltigkeit. "Conti hat den besten Preis bezahlt", begründete er lapidar die Entscheidung.

Nun können die Spekulationen beginnen, welcher Bereich als nächster bedroht ist. Energie, Industrie und Medizin seien die drei Schwerpunkte der Zukunft, sagte Löscher. Siemens-Finanzvorstand Joe Kaeser stellte zugleich klar, dass man mit der Ertragsentwicklung in der Verkehrstechnik unzufrieden ist. Löscher aber wollte sich an Spekulationen, wie es zum Beispiel mit der Verkehrstechnik weiter gehen könnte, nicht beteiligen. "Wir haben phantastisch aufgeschlagen", sagte der Sport-Fan Löscher zu seinem Start. Das Spiel aber geht weiter.

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(Axel Höpner, dpa) / (vbr)