Kontakt-Tracing vs. Corona: Aderlass beim Pilotprojekt PEPP-PT geht weiter

Seite 2: Zentral aber anonym

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Das deutsche und das französische Vorhaben verfolgen demnach einen zentralen Speicheransatz. Dabei kommt es laut den einschlägigen Dokumentationen darauf an, dass die dahinter stehende Institution nicht imstande ist, Informationen über die Identitäten und Aufenthaltsorte der freiwilligen Teilnehmer zu erhalten, um die Anonymität zu gewährleisten. Zugleich ist die Rede davon, dass es sich dabei um eine "ehrliche", wenn auch "neugierige" Instanz handeln müsse, die von sich aus auf Überwachungsmethoden und "Spionagegeräte" verzichte.

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Der Krypto-Experte Kobeissi spricht von einem "in sich widersprüchlichen Design". Dabei hänge so viel von dem Vertrauen ab, das die Nutzer in die Institution im Zentrum legen müssten, dass von einer "starken oder zumindest ernsthaften und realistischen Herangehensweise an die Privatsphäre" der Teilnehmer wohl kaum eine Rede mehr sein könne.

Nicht ganz so skeptisch beäugt Ulf Buermeyer, Vorsitzender der Gesellschaft der Freiheitsrechte (GFF), die zwei Alternativen. "Beide Modelle haben sowohl aus technischer Sicht als auch aus Sicht des Datenschutzes Vor- und Nachteile", erläutert er in der aktuellen Ausgabe seines Podcasts zur "Lage der Nation". Dass an einem zentralen Ort Daten abgegriffen werden könnten, höre sich zwar zunächst beunruhigend an. Wenn alle Geräte ständig miteinander kommunizieren müssten, würden dabei aber ständig IDs etwa über potenziell Infizierte ausgetauscht, was ebenfalls eine Datenschutzlücke darstellen könnte.

"Ob der zentrale oder dezentrale Ansatz gewählt wird, ist nicht so wichtig", betonte Paul Lukowicz, Wissenschaftlicher Direktor für Embedded Intelligence am Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI), gegenüber dem Tagesspiegel. "Das ist eher ein philosophischer Streit wie die Frage nach Linux oder Windows." Er hoffe, es handle sich um einen Sturm im Wasserglas, der sich bald lege. Letztlich sei die Debatte kontraproduktiv. Andere offene Punkte wie die Garantie, dass Apps und Geräte wirklich miteinander kommunizieren könnten, hält Lukowicz für maßgeblicher.

Bei der "kopflosen Diskussion um die Corona-App des Bundes" würden jeden Tag andere Umsetzungsmodalitäten ins Spiel gebracht, beklagt der grüne Fraktionsvize Konstantin von Notz. So gehe "viel Zeit verloren". Die Bundesregierung müsse daher "endlich klare und verbindliche Ansagen machen, damit die Menschen sich darauf verlassen können, dass diese App höchsten Datenschutz- und IT-Sicherheitsstandards entspricht". Die Grünen setzten sich weiter für die Anonymisierung und den Verbleib der Daten bei den Usern sowie eine gesetzliche Regel ein, die Nachteile für Nicht-Nutzer "und einen Zugriff auf die Daten durch Dritte ausschließt".

Der SPD-Digitalexperte Jens Zimmermann warnte vor einem Scheitern von PEPP-PT. Eine Corona-App könne nur erfolgreich sein, wenn sie das Vertrauen der Bürger gewinne. Mit dem Streit "wird das definitiv nix", argwöhnte der Parlamentarier. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) geht mittlerweile davon aus, dass die für April geplante Lösung erst im Laufe des Mais bereitsteht. Diese müsse gerade beim Datenschutz "möglichst perfekt sein, bevor wir starten". (mho)