Interview mit Kriegsfotografin Levine: "Ein langer Heilungsprozess"

Sie möchte ein Bewusstsein schaffen, was Krieg mit seinen Opfern macht und jenen eine Stimme geben, die vergessen werden. Unermüdlich setzt sich Fotoreporterin Heidi Levine für Menschen in Krisengebieten ein. An die Gewalt hat sie sich nicht gewöhnt - im Gegenteil.

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Lesezeit: 8 Min.
Von
  • Sarah Lena Grahn
Inhaltsverzeichnis

Ihre Bilder erzählen von Gewalt und Zerstörung, von Leid und Tod. Sie zeigen Menschen, denen der Krieg ihre Familie, ihre Freunde, ihr Zuhause und ihre Existenz genommen hat. Seit mehr als 30 Jahren berichtet die US-Fotojournalistin Heidi Levine freiberuflich über den Nahostkonflikt, oft unter extremen Bedingungen. Ihre Erfahrung schützt sie nicht vor der ungeheuren emotionalen Last, die ihr die Arbeit in Krisengebieten auferlegt. Was sie während des 50 Tage dauernden Krieges zwischen Israelis und Palästinensern im vergangenen Sommer erlebt habe, habe "ihre Seele gebrochen", sagte Levine der Nachrichtenagentur dpa. Am Donnerstag wird sie in Berlin mit dem Anja-Niedringhaus-Preis ausgezeichnet, der in Gedenken an ihre Freundin, Kollegin und Pulitzer-Preisträgerin geschaffen wurde.

Frage: Frau Levine, was bedeutet der Preis für Sie?

Heidi Levine: Es ist eine unbeschreibliche Ehre. Ich habe niemals, wirklich niemals damit gerechnet, dass die Jury mich auswählen könnte. Als ich die Nachricht bekam, habe ich drei Mal bei der Stiftung angerufen, um sicherzugehen, dass sie sich nicht täuschen. Ich konnte es nicht glauben. Anja war eine Freundin und eine Kollegin, die ich bewundert und zu der ich aufgeschaut habe. Unsere Wege haben sich oft gekreuzt, wir haben im Westjordanland, in Gaza und in Libyen zusammengearbeitet. Ich habe sie um Rat gefragt, gerade bei der Arbeit unter extremen Bedingungen. Anja und ich haben uns vertraut und eine starke Solidarität untereinander gespürt.