Kritik im Bundesrat am geplanten Verbot "gewaltbeherrschter" Spiele

Der Wirtschaftsausschuss der Länderkammer fordert, die im Raum stehende Ausweitung der automatisch indizierten Trägermedien zu prüfen, während der Innenausschuss für ein klares Verbot von sogenannten "Killerspielen" eintritt.

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Fachgremien des Bundesrates sehen noch Überarbeitungsbedarf am umstrittenen Entwurf der Bundesregierung für eine erste Änderung des Jugendschutzgesetzes. Der Wirtschaftsausschuss der Länderkammer etwa fordert, die geplante Ausweitung der automatisch gesetzlich indizierten Computerspiele und "Trägermedien" zu prüfen. Das mit dem Vorstoß verfolgte Ziel, die Verbreitung extremer Gewaltdarstellungen stärker zu begrenzen, sei zwar begrüßenswert, heißt es in den Empfehlungen (PDF-Datei) für eine Stellungnahme der Länderchefs. Es sei aber fraglich, ob es dazu tatsächlich eines gesetzlichen Indizierungstatbestands bedürfe.

Laut dem Regierungsvorhaben sollen diejenigen Spiele mit "weitreichenden Abgabe-, Vertriebs- und Werbeverboten" belegt werden, die "besonders realistische, grausame und reißerische Gewaltdarstellungen und Tötungshandlungen beinhalten, die das mediale Geschehen selbstzweckhaft beherrschen". Bisher sind allein Gewalt oder Krieg "verherrlichende" Computerspiele für Jugendliche automatisch verboten. Die Wirtschaftspolitiker haben sich nun aber der Kritik der Branchenvereinigung Bitkom angeschlossen, wonach die neu aufgeführten Kriterien "sehr interpretationsfähige und durch das subjektive Empfinden geprägte Begrifflichkeiten" seien. Diese würden in der Praxis zu erheblicher Rechtsunsicherheit führen. Daher sollte überprüft werden, ob nicht mit der Erweiterung der Indizierungskriterien für die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM) eine "ausreichende und verhältnismäßige Lösung erreicht werden kann".

Dem Innenausschuss sind die Formulierungen im Regierungsentwurf dagegen nicht scharf genug. Er plädiert dafür, im weiteren Gesetzgebungsverfahren Änderungen im Sinne des Antrags Bayerns für ein klares strafrechtliches Herstellungs- und Verbreitungsverbot so genannter Killerspiele ins Auge zu fassen. Zuvor hatte die bayerische Familienministerin Christa Stewens den Beschluss des Bundeskabinetts als "halbherzig" und "völlig unzureichend" bezeichnet. Sie kündigte an, den bayerischen Plan über die Länderkammer weiter zu verfolgen.

Der Jugendausschuss ist ebenfalls der Ansicht, dass der Ansatz der Bundesregierung zu kurz greift. Er bedauert, dass damit zunächst nur die Evaluierung der Jugendschutzgesetzgebung zu Computer- und Videospielen durch das Hans-Bredow-Institut für Medienforschung aufgegriffen würde. Inzwischen liegt aber auch ein umfangreiches Gutachten der Hamburger zum Gesamtkomplex des 2003 novellierten Jugendschutzsystems vor. Demnach sollte das Verschmelzen von Online- und Offline-Bereichen besser berücksichtigt und das Jugendschutzgesetz mit dem Jugendmedienschutz-Staatsvertrag der Länder enger verzahnt werden. Die Jugendpolitiker des Bundesrates empfehlen, diese Hinweise gleich im laufenden Verfahren "nach abschließender politischer Bewertung" der Gesamtevaluation noch zu berücksichtigen.

Siehe dazu auch den Online-Artikel in c't-Hintergrund zur bisherigen Berichterstattung über die Diskussion um das Jugendmedienschutzrecht, Gewaltspiele, Verbotsforderungen und Beschränkungen für Jugendliche bei Spielen:

(Stefan Krempl) / (jk)