Leopoldina: Strategie für CO₂-Abscheidung "hoch dringlich"

Die Bundesregierung setzt auf CO₂-Abscheidung. Wie sie das angehen sollte, hat nun die Nationale Akademie der Wissenschaften beleuchtet.

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Abgasfahne über Kraftwerk Bremen-Hastedt

Abgasfahne über Kraftwerk Bremen-Hastedt.

(Bild: heise online / anw)

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Mehr Energieeffizienz und erneuerbare Energien reichen nicht aus, damit Deutschland bis 2045 klimaneutral werden kann. Davon geht die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina aus. Zusätzlich müsse der Atmosphäre "aktiv und dauerhaft" das wichtigste Treibhausgas CO₂ entzogen werden, und das sollte möglichst schnell geschehen. Dazu hat die Leopoldina nun eine Stellungnahme "Schlüsselelemente eines Kohlenstoffmanagements" (PDF) vorgelegt.

Verfahren zur Kohlenstoffabscheidung, -speicherung und -nutzung zu entwickeln, werde lange dauern, zudem sei dafür zwingend internationale Kooperation nötig, heißt es in der Stellungnahme. Daher müsse eine nationale Strategie dafür "mit hoher Dringlichkeit" vorangetrieben und "unverzüglich" umgesetzt werden. "Unabdingbar" sei es, sich auf EU-Ebene mit Bemühungen andernorts zu koordinieren. Aus technischen und aus Kosten- und Energieeffizienzgründen könne Deutschland nicht allein ein Kohlenstoffmanagement betreiben. Möglichst schnell sollte auch politisch entschieden werden, wie nötige Infrastrukturen auf- und umgebaut werden.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck meint auch, Deutschland könne seine Klimaziele nicht ohne Carbon Capture and Storage (CCS) und Carbon Capture and Usage (CCU) erreichen. Eine Strategie für ein Kohlenstoffmanagement legte er Ende Februar dieses Jahres vor. Die Leopoldina begrüßt die Ideen des BMWK grundsätzlich, einige Details seien aber noch unklar und einzelne Ansätze überzeugen sie nicht. Daher hat die Akademie nun ihre Stellungnahme aus wissenschaftlicher Sicht vorgelegt.

Sie empfiehlt, Forschung und Entwicklung zur CO₂-Abtrennung in industriellen Prozessen und direkt aus der Luft (DAC) zu fördern. DAC-Pilotanlagen sollten in systemrelevanter Größe an geeigneten Standorten errichtet werden. Trockene Regionen mit niedrigen Energiekosten seien Möglichkeiten, CO₂ einzuspeichern. Dafür müssten auch einfache Methoden entwickelt werden, die CO₂-Emissionen und -entnahmen verschiedener Prozesse zu messen.

CCS, also Kohlendioxidspeicherung, sollte vorrangig für CO₂-Emissionen genutzt werden, die nicht vermeidbar sind. Die dafür nötigen Speicher sollten on- und offshore erschlossen werden. Die Bundesregierung geht in ihrer Strategie hauptsächlich von Offshore-Speicherung aus. Bestehende Leitungsinfrastrukturen sollten aus- und umgebaut und für CO₂, Wasserstoff und nachhaltiges Erdgas priorisiert werden, regt die Leopoldina an. CCU, also abgeschiedenes CO₂ weiterzunutzen, wiederum sollte in Kooperation mit Industrien, die CO₂ verarbeiten, in relevanter Größe in Pilotprojekten demonstriert werden.

CO₂ könne in geeigneten geologischen Formationen gespeichert werden, wichtig seien aber auch Wälder mit artenreichem Baumbestand, heißt es in der Stellungnahme. Moore wieder einzunässen, habe "höchste Dringlichkeit", um hohe CO₂-Emissionen aus entwässerten Mooren zu vermeiden. Daher sei es beispielsweise notwendig, Bodenentwässerung nicht mehr erlaubnisfrei zu gestatten.

Damit Erfolg versprechende technologische Lösungen breit angewendet werden, sollten Zertifikatmärkte für die Kohlenstoffentnahme beziehungsweise "negative CO₂-Emissionen" entwickelt und dafür privates Kapital aktiviert werden. So könnten nach Meinung der Leopoldina wirtschaftliche Anreize für die CO₂-Entnahme gesetzt werden.

(anw)