Low-Cost-Blitzen: Licht und Leute

Seite 4: Experimente 2

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Mit einer größeren weißen Styroporplatte als diffusem Reflektor anstelle eines Spiegels links oberhalb des Fotomodells ergibt sich eine weiche, sehr natürlich wirkende Ausleuchtung. Auch hier wurde lediglich ein schwenkbares Automatikblitzgerät auf der Kamera verwendet, deren Zoomreflektor wir gerade so eingestellt hatten, dass er die Styroporfläche voll ausleuchtete. Ein mit einem Zweitblitzauslöser gezündeter Billigstblitz hellte den Hintergrund rechts hinter dem Model etwas auf. Hätte der Fotograf die wuseligen Haare auf der Schulter des Mädchens geordnet, würde das Porträt sogar gehobenen Ansprüchen genügen. Beachten Sie bei außermittigen Haltungen, dass die Person nicht "aus dem Bild heraus", also in Richtung Bildrand blickt.


Ein Experiment mit abgesetztem Blitzgerät, das nun über ein Synchronkabel mit der Kamera verbunden ist und links hinter dem Model schräg in Richtung Kamera zielt (Streiflicht). So fällt keinerlei Vorderlicht auf das Gesicht, und man erhält eine Silhouette, wie sie früher auf Jahrmärkten die Scherenschnittkünstler anfertigten. Diese Methode reduziert das Gesicht ausschließlich auf die Form, hat also einen besonderen grafischen Effekt. Kopiert man hier noch ein normales Porträt ein, macht man bereits dem Fotostudio an der Ecke Konkurrenz. Viele Digitalkameraobjektive neigen allerdings bei Gegenlicht zur Bildung von Schleiern und bunten Blendenflecken, deshalb ist diese Vorgehensweise nicht immer von Erfolg gekrönt.


Witzige bis brauchbare Effekte erzielt man mit diffus spiegelnden Materialien als Reflektor. Für dieses Bild wurde eine Pappe von rund 50×60 cm mit alten Werbe-CDs beklebt, die Reflexionen des Kamerablitzlichts in bizarren Mustern auf den Hintergrund warf und gleichzeitig das Fotomodell in ein seidenweiches Licht tauchte (übrigens eine Idee von c’t-Fotograf Andreas Wodrich). Als Hintergund verwendeten wir einen großen, mit so genannten Leimklammern (Heimwerkerbedarf) aufgehängten Fotokarton. Es eignet sich aber auch ein altes Rollo, das man mit matter Latexfarbe nach Wunsch bemalen kann. Ein kleiner zusätzlicher Styropor-Aufheller hätte dem Gesicht in diesem Bild noch etwas mehr Glanz verleihen können.

Technische Fertigkeiten und Möglichkeiten sind nur eine der Voraussetzungen für eine gelungene Fotografie. Schallen Ihnen Sätze wie ein schüchternes "Oh nein, ich will aber nicht mit aufs Foto" oder ein verzicktes "Muss das sein?" entgegen, liegen keine guten Gegebenheiten für eine interessante Fotosession vor. Wer sich wie ein störrischer Esel sperrt, kommt am besten gar nicht mit aufs Bild. Daneben gibt es natürlich auch Menschen, die blitzschnell hervorpreschen, um unverhofft und dämlich grinsend den kompletten Vordergrund auszufüllen. Stimmt dagegen die Chemie zwischen Fotograf und Modell, wirken auch die Aufnahmen lebendig und stimmungsvoll. Beachten Sie aber bei professioneller Verwendung – das kann schon eine Vereinszeitung sein – immer das Recht am eigenen Bild der aufgenommenen Personen.